NRW-Landtagswahlen

SPD: Nach der Niederlage, vor der Niederlage?

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Berlin -

Eigentlich hatte die SPD auf ihrem Weg ins Kanzleramt einen Wahlsieg in Schleswig-Holstein fest eingepreist. Nach der zweiten Niederlage in Folge ist der Hype um Kanzlerkandidat und Neu-Parteichef Martin Schulz schon wieder verflogen. Verunsicherung macht sich breit. Kann die SPD unter Schulz überhaupt Wahlen gewinnen? Jetzt muss es am kommenden Sonntag SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in NRW richten. Aber auch in Düsseldorf muss die SPD zittern. Die Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.

Nach der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen liegen CDU-Herausforderer Armin Laschet und Kraft mit 32 Prozent gleichauf. Alleine das ist schon eine faustdicke Überraschung – lag die Titelverteidigerin doch monatelang mit sechs bis sieben Prozentpunkten vor der CDU. Und auch die Grünen als Koalitionspartner schwächeln. Mit nur 7,5 Prozent liegen sie vier Punkte hinter ihrem Ergebnis von 2012.

Die Fortsetzung der rot-grünen Koalition in Düsseldorf ist also in Gefahr. 2012 erreichte die SPD mit Hannelore Kraft 39,1 Prozent, die CDU stürzte auf 26,3 Prozent ab. Die Grünen holten 11,3 Prozent und lagen damit vor der FDP mit 8,6 Prozent. 2012 spielten noch die Piraten eine Rolle. Sie kamen mit 7,8 Prozent in den Düsseldorfer Landtag. Jetzt sind sie chancenlos. Dafür dürfen sich die Linke und die AfD mit jeweils 6 Prozent Hoffnungen machen.

„Ich ärgere mich höllisch", kommentierte Schulz die Wahlschlappe an der Kieler Förde sichtlich frustriert. Geplant war, dass die Wahl in Schleswig-Holstein seiner Kampagne neuen Elan verschaffen sollte. Schon die Saarland-Wahl vor fünf Wochen endete für die SPD mit einer Niederlage. Schlimmer noch: In Kiel wurde das Gesetz der Serie der letzten Landtagswahlen durchbrochen. Stets konnten die Amtsinhaber ihre Position behaupten oder ausbauen. Bis jetzt Torsten Albig (SDP) in Kiel.

Daher versuchen SPD-Analysten, die Verantwortung für die Niederlage dem abgewählten Ministerpräsidenten in die Schuhe zu schieben. Das ist nicht nur taktisch begründet. In der Tat hat Albig in den vergangenen Wochen Fehler gemacht: In einem „Bunte“-Interview hatte Albig über die Trennung von seiner Ehefrau gesprochen. „Irgendwann entwickelte sich mein Leben schneller als ihres. Wir hatten nur noch ganz wenige Momente, in denen wir uns auf Augenhöhe ausgetauscht haben. Ich war beruflich ständig unterwegs, meine Frau war in der Rolle als Mutter und Managerin unseres Haushaltes gefangen.“ Solche Sätze kommen nicht gut an. Albigs Eigenwilligkeit könnte ihm am Ende zum politischen Verhängnis geworden sein. Vielleicht erklären sie, warum die SPD gerade bei den älteren Wählern über 60 Jahre 7 Prozentpunkte verloren hat.

Aber auch andere Dinge belegen die Probleme in der SPD-Wahlmaschinerie: Ein Foto zeigte vergangene Woche einen grimmig aus dem Zug blickenden Schulz auf Wahlkampftour im Norden. So sehen keine Siegertypen aus. Eine gute Pressearbeit verhindert solche Fotos und Interviews. Läuft es aber erst einmal schlecht im Wahlkampf, dann erhalten kleine Dinge plötzlich unkontrollierbare Symbolkraft: In NRW muss sich SPD-Kandidatin Kraft jetzt mit einem peinlichen Rechtschreibfehler herumplagen.

Ausgerechnet in einer Wahlwerbung für ein besseres Bildungssystem heißt es „7200 Lehrer mehr seid 2010“. Natürlich muss es „seit“ heißen. Der Spott der CDU darüber kann in der letzten Woche vor der Wahl noch für Ärger sorgen – wenn nämlich die Wähler wie in Schleswig-Holstein nicht mehr über politische Inhalte, sondern über die persönliche, menschliche Eignung von Kandidaten nachzudenken beginnen.

Aus Apothekersicht lässt sich aus den Wahlprogrammen nur bedingt eine Wahlempfehlung ableiten: Das oberste Ziel der CDU-Gesundheitspolitik in NRW ist die Sicherstellung „einer guten Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen, unabhängig von Wohnort und Einkommen“, die in der höchstmöglichen Qualität und Erreichbarkeit zur Verfügung gestellt werden müsse.

Deshalb will die CDU die praktischen Erfahrungen der Ärzte, Apotheker, Pflegeberufe, der Heil- und Hilfsberufe und der Krankenhäuser deutlich stärker als bisher nutzen. „Wir werden für die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Arzneimitteln durch die Apotheke vor Ort eintreten, weil wir die persönliche Beratung durch Apotheker für unersetzbar zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung halten“, heißt es dort weiter. Ein klares Bekenntnis zum Rx- Versandverbot fehlt allerdings.

Von der NRW-SPD ist zwar bekannt, dass sie das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgeschlagene Rx-Versandverbot unterstützt. Im Wahlprogramm finden sich zur Arzneimittelversorgung und zur Lage der Apotheken aber keine klaren Aussagen. Im Kapitel zur Sicherung der medizinischen Versorgung auf dem Land gibt es nur Bemerkungen zur Krankenhauslandschaft und zur Förderung der Niederlassung von Hausärzten sowie zum Einsatz der Telemedizin. Auch die Hebammen sind der SPD ein paar Sätze wert – Apotheker nicht.

Ähnlich sieht es bei den Grünen aus: NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) gehört zwar zu den klaren politischen Unterstützern der Vor-Ort-Apotheken. Im Wahlprogramm der NRW-Grünen spielen die Apotheken aber keine besondere Rolle. Gesundheitsthemen definieren die Grünen darin vor allem unter Verbraucherschutzaspekten. Spezielle Aussagen zur Rolle der Apotheken oder zur Sicherung der Arzneimittelversorgung finden sich nicht.

Nachdem die FDP jetzt das Fremdbesitzverbot abschaffen und damit Apothekenketten den Weg frei machen will, kann sich auch die FDP in NRW keine großen Hoffnungen auf Stimmen von den Apothekern an Rhein und Ruhr machen. Im Wahlprogramm der NRW-FDP spielen Apotheken und die Arzneimittelversorgung zudem keine Rolle.

Trotzdem: Die politische Bedeutung der NRW-Landtagswahl ist traditionell groß. Wenige Monate vor der Bundestagswahl am 24. September gilt die Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland als Härtetest. Verliert die SPD erneut, dürfte die Bundestagswahl für die Union und Kanzlerin Angela Merkel gelaufen sein. Andererseits kann Merkel gelassen auf den Wahlausgang blicken. Die Wiederwahl von SPD-Ministerpräsidentin Kraft im SPD-Stammland wäre der politische Normalfall ohne Signalwirkung – es sei denn die SPD könnte überdurchschnittlich zulegen. Aber für einen Erdrutschsieg der SPD liefern die Umfragen derzeit keine Anhaltspunkte.

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