Ärztemangel

Landarztquote spaltet die Nation dpa/APOTHEKE ADHOC, 07.04.2010 09:46 Uhr

Berlin - 

Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) hat mit seinen Vorschlägen für mehr Hausärzte auf dem Land ein geteiltes Echo ausgelöst. Aus dem Lager der SPD gab es Kritik und Zustimmung. Den Ärzten gehen die Vorschläge nicht weit genug, die Kassen stimmen zu. Rösler will den Numerus Clausus für Medizinstudenten entschärfen, mehr Studienplätze sowie eine „Landarztquote“.

„Dies ist ein plakativer und sehr simpler Vorschlag für ein komplexes Problem“, sagte die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Carola Reimann (SPD), der Frankfurter Rundschau. „Der Einzelkämpfer in der Praxis mit 60 Wochenstunden kann nicht das Arztbild der Zukunft sein. Es braucht neue Arbeitszeitmodelle und Teamarbeit“, so die SPD-Politikerin.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Professor Dr. Karl Lauterbach, sagte gegenüber der Passauer Neuen Presse: „Wenn der Facharzt in der Stadt mehr verdient als der Hausarzt auf dem Land, nutzen auch neue Auswahlverfahren und Quoten nichts.“

Dagegen begrüßte die SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig Röslers Vorschlag einer Landarztquote. Er entspreche einer alten Forderung ihres Landes, sagte die Gesundheitsministerin Mecklenburg-Vorpommerns. Auf der nächsten Gesundheitsministerkonferenz Ende Mai werde sie einen entsprechenden Antrag einbringen, so Schwesig.

Kritik gab es von Seiten der Ärzte: Der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank Ulrich Montgomery, nannte Röslers Vorschlag zwar „vernünftig“, hält ihn aber für unzureichend. Er forderte in den Dortmunder Ruhr Nachrichten die Kommunen auf, die Arbeitsbedingungen für Landärzte zu verbessern. „Die Gemeinden müssen auch die Infrastruktur schaffen, damit ein Arzt abwechselnd in verschiedenen Dörfern Sprechstunden abhalten kann.“ Auch die Zusammenarbeit zwischen Praxen und Krankenhäusern sei verbesserungswürdig.

Dr. Carl-Heinz Müller, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), zufolge sollten Jungmediziner direkt in den Regionen angeworben werden, in denen sie sich niederlassen sollen. Zudem müsse man „die Attraktivität des Arztberufes steigern“, damit die Medizinstudenten auch im Arztberuf ankommen. Derzeit gehen nach KBV-Angaben mehr als 40 Prozent der Mediziner nach dem Studium an Verwaltung und Wirtschaft verloren.

Für eine finanzielle Stärkung der Allgemeinmedizin sprach sich der Chef des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, aus. Ein angehender Hausarzt müsse kalkulieren können, wieviel Geld er bekommt, sagte Weigeldt in der Frankfurter Rundschau. Ohne finanzielle Sicherheit werde kaum noch ein Arzt „das Wagnis einer Praxisgründung auf dem Land“ eingehen. „Hausärzte arbeiten derzeit mehr und verdienen weniger als Fachärzte“, beklagte Weigeldt. Zudem gingen immer mehr Absolventen eines Medizinstudiums lieber zu Behörden, Krankenkassen und der Industrie.

Die Krankenkassen stehen hinter Röslers Plänen: Eine zentrale Herausforderung sei dabei, die Überversorgung in Ballungsgebieten abzubauen und die Unterversorgung in anderen Regionen zu verhindern, sagte der Vize-Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg. Insgesamt seien die niedergelassenen Ärzte in Deutschland „nicht optimal verteilt“.

Rösler verteidigte sein Maßnahmenpaket: Die Menschen beurteilten eine gute Gesundheitspolitik vor allem danach, wo sie einen Arzt finden und wie lange sie auf einen Termin warten müssen, sagte Rösler am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. „Geld allein wird das Problem nicht lösen“, sagte Rösler mit Blick auf eine mögliche bessere Bezahlung von Ärzten auf dem Land.