Bundesrat will Makelverbot lockern

Länder stimmen gegen E-Rezept-Pflicht

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Berlin -

Die Länderregierungen fordern, dass die Bundesregierung Ausnahmen vom Makelverbot bei elektronischen Verordnungen ermöglicht. Eine entsprechende Stellungnahme hat der Bundesrat am Freitag beschlossen. Auch gegen die Pflicht zur ausschließlichen Nutzung des E-Rezepts positioniert sich die Länderkammer: Anders als im Entwurf für das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) vorgesehen, sollen Patienten auch nach 2022 noch die Möglichkeit haben, sich für ein Papierrezept zu entscheiden.

Die Länderregierungen bitten den Bundestag, zu prüfen, ob Versicherten weiterhin einen Anspruch auf eine ärztliche Verordnung in Papierform eingeräumt werden kann „oder jedenfalls sichergestellt werden kann, dass auf der Papierform der Zugangsdaten zur ärztlichen Verordnung aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit zusätzlich Mindestangaben zum verordneten Arzneimittel und seiner Anwendung enthalten sind und dass die Papierform auch bei einem notwendigen Arzneimittelerwerb im Ausland anerkannt werden kann“, so die Länderkammer in ihrer Stellungnahme zum PDSG, die am Freitag verabschiedet wurde. Andernfalls werde ein faktischer Zwang zur Nutzung eines Smartphones geschaffen, der schon aus Datensicherheitsgründen nicht zumutbar sei. Zudem gebe es Situationen, in denen ein Smartphone schlicht nicht vorhanden sei.

„Die elektronische Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der Telematikinfrastruktur wird verpflichtend ab dem 1. Januar 2022 vorgegeben“, heißt es jetzt im PDSG-Gesetzentwurf, der bis zum Herbst vom Bundestag verabschiedet werden soll. Apotheken sollen verpflichtet werden, Arzneimittel nur noch per E-Rezept abzugeben. Allerdings gibt es weiterhin Ausnahmen von dieser Pflicht: Wie bei Ärzten gelte auch hier, „dass die Verpflichtung zur Nutzung elektronischer Verordnungen der Telematikinfrastruktur nur insoweit umgesetzt werden kann, als die hierfür erforderlichen Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur zum Zeitpunkt der Rezepteinlösung in der Apotheke technisch zur Verfügung stehen“, heißt es im Gesetzentwurf.

„Der Versicherte sollte bei den ärztlichen Verordnungen ein echtes Wahlrecht zwischen einer Verordnung in elektronischer Form und einer Verordnung in Papierform haben“, fordert hingegen der Bundesrat. „Dass der Versicherte lediglich die Zugangsdaten zur elektronischen Verordnung verlangen können soll, greift zu kurz und ist nicht sachgerecht. Wie die Gesetzesbegründung zurecht ausführt, sollte das Papierdokument auch Mindestangaben zum Arzneimittel enthalten und damit die Qualität einer herkömmlichen Verordnung besitzen.“ Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass Arzneimittel für einen etwaigen Bedarf bei einer Auslandsreise verschrieben werden und daher gewährleistet sein muss, dass die ärztliche Verordnung bei einem Erwerb im Ausland vorgelegt und als solche anerkannt werden kann.

So oder so: Die Mehrheit der Verordnungen soll zu dieser Zeit bereits elektronisch erfolgen. Unter welchen Regeln das geschieht, dazu haben die Länder allerdings auch eine andere Ansicht als die Bundesregierung: Sie haben beschlossen, Ausnahmen vom bisher geplanten festen Makelverbot zu fordern. Demnach sollen Vertragsärzte, weitere Leistungserbringer und Krankenkassen weder die Versicherten dahingehend beeinflussen dürfen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Allerdings: Eine direkte Übermittlung von Verordnungen dürfe in Ausnahmesituationen erfolgen, wenn der Versicherte oder dessen Vertreter dem Verfahren zuvor schriftlich zugestimmt hat und sich dieses transparent verfolgen lässt, so die Stellungnahme. Die Ausnahmetatbestände sollten demnach in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses festgelegt werden.

Es fehle derzeit noch die die Definition gesetzlicher, an der Versorgungsrealität orientierter Ausnahmesituationen, in denen gestattet ist, ein Rezept direkt an eine Apotheke zu übermitteln, begründet die Länderkammer die Forderung. Aktuell sei ein solch definierter Fall zum Beispiel die Zytostatikaversorgung. „Gerade die flächendeckende Einführung der Telemedizin und der vermehrte Rückgriff auf telefonische Behandlungen und Konsultationen werden jedoch weitere Situationen schaffen, in denen eVerordnungen direkt an Apotheken versandt werden sollten, zum Beispiel weil Versicherte nicht in der Lage sind, eVerordnungen zu empfangen, jedoch auch nicht in die Arztpraxis oder Apotheke kommen können.“ Für solche Situationen bedürfe es zukünftig gesetzlich definierter Ausnahmetatbestände und der engmaschigen Kontrolle des Zuweisungsverhaltens. „Nur so kann das aktuell stattfindende Makeln von Rezepten unter anderem per Fax zukünftig vermieden beziehungsweise zumindest transparent abgebildet werden.“

Das PDSG ist allerdings nicht zustimmungspflichtig. Der Bundestag kann die Empfehlungen des Gesundheitsausschusses der Länder berücksichtigen, er kann sich aber auch darüber hinwegsetzen. Das werden die weiteren Beratungen im Bundestag zeigen.

 

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