Länder: Bund muss schärfere Corona-Maßnahmen ermöglichen dpa, 21.06.2022 08:08 Uhr
Die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen ist eines der letzten Überbleibsel aus der jüngsten Corona-Welle. Doch die Inzidenzen steigen und im Herbst könnte es wieder ernst werden. Vier Bundesländer machen nun massiv Druck auf die Ampel in Berlin.
Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen drängen den Bund angesichts einer drohenden Corona-Welle im Herbst, schnell die gesetzlichen Voraussetzungen für schärfere Schutzmaßnahmen zu schaffen. Die Ampel müsse noch vor der Sommerpause eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes vorlegen, heißt es in einem Beschlussentwurf der vier Länder für die Konferenz der Gesundheitsminister in dieser Woche. Dies sei nötig, um auf einen Anstieg der Infektionen im Herbst mit geeigneten Gegenmaßnahmen reagieren zu können. „Dazu zählen insbesondere Maskenpflicht in Innenräumen, 3G/2G-Zugangsregeln, Testpflichten, Personenobergrenzen und Kontaktbeschränkungen“, heißt es in dem Vorschlag der vier Länder, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Weiterhin kostenfreie Testmöglichkeiten
Die drei unions-geführten Länder und das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg pochen zudem darauf, dass sie bei der Beratung des Gesetzes einbezogen werden. Der Bund müsse schnell rechtliche, finanzielle und organisatorische Planungssicherheit schaffen. Die Gesundheitsminister der vier Länder fordern unter anderem, die Corona-Testverordnung über Ende Juni hinaus „sachgerecht“ zu verlängern. „Es bedarf auch weiterhin kostenfreier und unbürokratischer Testmöglichkeiten, um insbesondere den Schutz im Umfeld von Einrichtungen für vulnerable Personen und Gruppen sicherzustellen.“
Die Länder drängen vor der Ministerkonferenz in Magdeburg ab Mittwoch auch darauf, rasch zu klären, ob es eine allgemeine Empfehlung für eine vierte Impfung geben soll. Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine zweite Auffrischungsimpfung bisher nur für Menschen ab 70 Jahren. Der Bund soll zudem zusammen mit den Ländern planen, wie im Herbst und Winter geimpft werden soll. Berlin müsse sicherstellen, dass genügend Impfstoff beschafft wird. Darüber hinaus müsse der Bund den Ländern wieder bei der Finanzierung der staatlichen Impfstrukturen wie Impfzentren unter die Arme greifen. Bei der Vorbereitung einer neuen Impfkampagne müsse auch eine mögliche Influenzawelle mitbedacht werden.
Personalmangel entgegentreten
Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen fordern die Bundesregierung daneben auf, die Krankenhäuser für die erwartete nächste Welle zu rüsten. Es müsse zum Beispiel finanzielle Anreize geben, um Personal zu halten und neues zu gewinnen. „Auch die finanzielle Absicherung der Krankenhäuser muss durch Bundesrettungsschirme erneut in Aussicht gestellt werden, sollte sich die Versorgungslage in den Krankenhäusern erneut zuspitzen.“
Aktuelle Inzidenz
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen am Dienstagmorgen mit 458,5 angegeben. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 03.14 Uhr wiedergeben. Am Vortag hatte der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 416,0 gelegen (Vorwoche: 447,3; Vormonat: 342,0). Allerdings liefert die Inzidenz kein vollständiges Bild der Infektionslage. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus – vor allem deshalb, weil bei weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.
Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI zuletzt 123.097 Corona-Neuinfektionen (Vorwoche: 105.840) und 182 Todesfälle (Vorwoche: 107) innerhalb eines Tages. Vergleiche der Daten sind auch hier wegen des Testverhaltens, Nachmeldungen oder Übermittlungsproblemen nur eingeschränkt möglich. Generell schwankt die Zahl der registrierten Neuinfektionen und Todesfälle deutlich von Wochentag zu Wochentag, da insbesondere am Wochenende immer mehr Bundesländer nicht ans RKI übermitteln und ihre Fälle im Wochenverlauf nachmelden.
Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 27.334.993 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.