Lachgas: Grüne drängen Senat zu schnellem Handeln Lilith Teusch, 27.10.2024 10:30 Uhr
Viele Feierwütige in Berlins Ausgehbezirken suchen mittels Lachgas den Kick – gerne gemeinsam mit Alkohol oder Cannabis. Nun schlagen die Grünen Alarm. Sie fordern schärfere Maßnahmen gegen den zunehmenden Konsum von Lachgas, insbesondere ein Verkaufsverbot an Minderjährige und ein umfassendes Monitoring.
Die Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus fordert vom Senat ein entschlossenes Vorgehen gegen die Partydroge Lachgas. „Lachgas wird zunehmend konsumiert, das sehen alle, die in Partykiezen unterwegs sind“, sagte die Grünen-Abgeordnete Silke Gebel der Deutschen Presse-Agentur. „Viele Spätis oder Lachgastaxis verkaufen die Kartuschen auch an Minderjährige, weil bis heute eine Regulierung fehlt.“
Obwohl von Lachgas (Distickstoffmonoxid) Gesundheitsgefahren ausgingen, schaue der Senat bisher weg, so Gebel. „Der Senat muss ein Lachgasmonitoring mit gesundheitlichen Vorfällen und Beschaffungsquellen starten“, forderte die Gesundheitspolitikerin. Für Verkaufsstellen müsse es die Auflage gegen, Gesundheitswarnungen zu veröffentlichen.
Verkaufsverbote im Ausland
„Während in Ländern wie Großbritannien, Dänemark und den Niederlanden schon seit 2023 Verbote für den Verkauf bestehen, weiß der Senat nicht einmal, wie viel Lachgas in Berlin verkauft wird“, fügte Gebels Fraktionskollege Vasili Franco als Sprecher für Drogenpolitik hinzu. Seine Fraktion hoffe auf eine rasche Umsetzung von Vorstößen für ein Verkaufsverbot an Minderjährige auf Bundesebene.
„Der bestehende Trend wird sich aber nicht einfach durch Verbote in Luft auflösen“, so Franco. „Der Senat darf nicht einfach an der bestehenden Realität eines Konsumphänomens vorbeischauen. Durch eine monitoringbasierte Präventionsarbeit könnten Entwicklungen und vor allem gefährliche Trends frühzeitig und zielgerichtet erkannt werden.“
Lachgas ist leicht verfügbar, die Zahl der Fälle von Missbrauch dieser Substanz durch Kinder und Jugendliche nimmt laut Experten zu. Erhebungen zufolge gilt Lachgas als eine der meistkonsumierten Drogen schon bei Schülerinnen und Schülern. Wird Lachgas eingeatmet, verursacht es kurzzeitige Bewusstseinsveränderungen und Rauschzustände. Üblicherweise wird die Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff für medizinische Zwecke, in der chemischen Industrie oder zum Aufschäumen von Sprühsahne genutzt.
Senat ohne Datenbasis
Der Senat weiß nichts über das Ausmaß der Verwendung als Droge in Berlin. „Dem Senat liegen weder Daten noch Erkenntnisse über Verkauf und Konsum oder Konsummuster von Lachgas über die letzten fünf Jahre vor“, hieß es jüngst in einer Antwort der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Das gelte auch für Fragen etwa zur Häufung medizinischer Behandlungen wegen Lachgas oder etwaigen Todesfällen.
Die Gesundheitsverwaltung verweist auf Bestrebungen und Prüfungen auf Bundesebene, den Konsum der Partydroge zumindest für jüngere Menschen einzuschränken. „Aus gesundheitspräventiver Perspektive sollte im Allgemeinen der Zugang zu Lachgas für Minderjährige gesetzlich reguliert werden“, heißt es in der Antwort. Aber: „Zunächst bedarf es einer entsprechenden Prüfung auf Bundesebene, bevor Rückschlüsse auf eine landesrechtliche Regelung gezogen werden können.“
Vorstoß des Bundesrates
Der Bundesrat hatte die Bundesregierung im Juni gebeten, „geeignete rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Verkauf von Lachgas, insbesondere an Kinder und Jugendliche, soweit einzuschränken, dass Missbrauch verhindert wird.“ Berlin stimmte dem Vorstoß Niedersachsens seinerzeit zu. Die Berliner CDU-Fraktion hatte im Juli eine weitere Bundesratsinitiative des Landes mit ähnlicher Stoßrichtung gefordert.
BSR hat mit „Sprengkörpern“ zu tun
Eine Ahnung davon, wie verbreitet der Lachgas-Konsum ist, bekommt man durch Angaben der Berliner Stadtreinigung (BSR). „Der Konsum von Lachgas als Partydroge hat in den letzten Jahren stetig zugenommen“, erklärt die BSR-Vorstandsvorsitzende Stephanie Otto. „Wir finden in Spitzenzeiten bis zu 250 Lachgaskartuschen täglich im Müllheizkraftwerk in Ruhleben.“
Durch verbliebene Gasreste könnten sich die Metallbehälter bei ihrer Verbrennung zu regelrechten Sprengkörpern entwickeln und seien somit eine Gefahrenquelle für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BSR. „Darüber hinaus können Lachgaskartuschen erhebliche Schäden in den Kesseln verursachen, was dazu führen kann, dass wir die Kapazität unserer Anlage herunterfahren müssen.“
Laut BSR landen die Metallkartuschen nach dem Konsum zumeist in Restmülltonnen und öffentlichen Papierkörben oder werden in Grünanlagen und Parks zurückgelassen. Sie gehörten aber auf keinen Fall in den Restmüll oder in Papierkörbe, so der Entsorger. Demnach können vollständig entleerte Lachgasbehälter über die Wertstofftonne entsorgt werden. Nicht vollständig entleerte Kartuschen müssen im Handel oder an den Schadstoffannahmestellen der Berliner Recyclinghöfe abgegeben werden, um eine umweltgerechte und sichere Entsorgung zu gewährleisten.