Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen ist mit einem Eilantrag gegen den Schiedsspruch zu den pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) gescheitert. In der Hauptsache wird später noch verhandelt. Aber einen sofortiger Stopp der pDL fanden die Richter dann doch etwas übertrieben. Die KV hatte geltend gemacht, der Versorgungsauftrag der Ärzt:innen sei massiv gefährdet.
Die KV Hessen ist – wie andere Lobbyverbände der Ärzte – kein großer Fan der neuen Dienstleistungen in Apotheken. Bekanntlich fünf pDL wurden mit dem Schiedsspruch im Mai festgelegt, die seit Juni in Apotheken erbracht werden können. Deutscher Apothekerverband (DAV) und GKV-Spitzenverband hatten sich in direkten Verhandlungen nicht einigen können, so dass die Schiedsstelle angerufen werden musste. Der Kassenverband klagt seinerseits gegen die Dienstleistung „Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck“, sowie gegen die Vergütung aller pDL. Auch diese Klage ist bei Gericht anhängig.
Die KV Hessen forderte aber einen sofortigen Stopp der pDL in Apotheken. Der Schiedsspruch sei „offensichtlich rechtswidrig“. Ohne aufschiebende Wirkung der Klage, so die KV, könnten die Vertragsärzt:innen bis zur endgültigen Klärung ihren Sicherstellungsauftrag nicht vollständig erfüllen. Die pDL haben aus Sicht der KV „explizit Schnittmengen mit originären ärztlichen Leistungen“. Und weil diese „in nicht koordinierter Weise“ und nicht in der „erforderlichen Qualität“ erbracht würden, sei „eine fundamentale Gesundheitsgefährdung“ zu befürchten.
Ob die KV mit dem Schiedsspruch wirklich in ihrem Sicherstellungauftrag beeinträchtigt wird, ließen die Richter dahinstehen. Ein Eilbedürfnis sei jedenfalls nicht glaubhaft gemacht worden. Warum eine Entscheidung des Senats in der Hauptsache nicht zumutbar wäre, sei nicht ersichtlich. „Allerdings tangiert nicht bereits jede noch so geringe ‚Konkurrenz‘ den Sicherstellungsauftrag“, heißt es im Beschluss. Die KV hätte zumindest konkrete Angaben machen müssen, in welchem Umfang die Praxen identische Leistungen in der Vergangenheit erbracht haben. Erst dann ließe sich beurteilen, ob die aus Sicht der KV entstehende Konkurrenzsituation den Bereich der Unerheblichkeit überschreite.
Die Klage ist zudem schon als Anfechtungsklage nicht statthaft, weil der angegriffene Schiedsspruch gar kein Verwaltungsakt gegenüber der KV darstellt. „Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kommt Entscheidungen von Schiedsämtern und Schiedsstellen nach dem SGB V nur im Verhältnis zu den am Schiedsverfahren Beteiligten Verwaltungsaktqualität zu“, so die Begründung des LSG.
Die KV Hessen kann jetzt nur noch auf das Hauptsacheverfahren hoffen. Bis dahin können die Apotheken pharmazeutische Dienstleistungen erbringen und mit den Krankenkassen abrechnen – so sie es denn wollen.
Bislang ist die Resonanz noch recht überschaubar: Mehr als 114 Millionen Euro aus dem Finanztopf für die pDL wurden ins 4. Quartal übertragen. Bei einer aposcope-Umfrage sprach sich eine Mehrheit der befragten Apotheker:innen und PTA dafür aus, diese Gelder auszuschütten und gerecht auf die Apotheken zu verteilen.
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