Harmonischer hätte der Abschied der Apotheker:innen von Jens Spahn (CDU) kaum sein können. Zwei Stunden hatte sich der Bundesgesundheitsminister für seinen Besuch beim Deutscher Apothekertag (DAT) Zeit genommen, die Stimmung war friedlich und der Applaus langanhaltend. Abda-Präsidentin Gabriele Overwiening wollte ihn gar nicht gehen lassen – und verabredete sich, als stünde keine Bundestagswahl an, schon einmal für das nächste Jahr.
Laut Spahn gehört der Besuch beim DAT zu den Pflichtterminen für einen Gesundheitsminister, nichts mit Wahlkampf oder so. Kontroversen scheut er ohnehin nicht, zumal er genau weiß, dass er sich im Zweifel hinter Finanz- oder Justizminister, Krankenkassen oder EU verstecken kann. Gleich eingangs machte er dann auch klar, dass er nicht gekommen ist, um Prügel einzustecken: 125.000 Euro an zusätzlichem Umsatz hätten seine Maßnahmen in der Corona-Pandemie jeder Apotheke gebracht, rechnete er ihnen zu Beginn seiner Rede vor. Und um die gute Stimmung zu bewahren, schob er nach, dass das bei dem ganzen Mehraufwand auch verdient sei und sich niemand verstecken müsse.
Und so blieb es friedlich, obwohl es viele Themen gegeben hätte, die den Apotheker:innen wichtig waren und die am Ende seiner Amtszeit liegen geblieben sind. Anders als vor zwei und vor drei Jahren, als es regelrechte Tumulte gab und Spahn auf Attacke wechselte, blieb es harmonisch. Man habe sich in der Pandemie gegenseitig vertrauen können, postulierte Spahn und entschuldigte sich demonstrativ für die misslungene Kommunikation bei den wiederholten Honorarabsenkungen. „Das hätte man anders machen müssen.“
Spahn lobte die Apotheker:innen für ihr neu gefasstes Selbstbewusstsein und erteilte ihren aktuellen Forderungen gleichzeitig frei heraus eine Absage: Corona-Impfungen in Apotheken – falscher Zeitpunkt. Verstetigung der gelockerten Abgaberegelungen – vielleicht später. Erhöhung des Fixhonorars – lieber nicht. Fotografierverbot für E-Rezepte – nicht nötig. Gutachten zur Verblisterung – werde er herausgeben. Maßnahmen gegen Plattformen auf EU-Ebene – werde er mitnehmen.
Nur einmal verhedderte sich Spahn etwas: Zunächst versicherte er, dass er bei jedem Treffen mit dem niederländischen Amtskollegen über die Kontrolle der grenznahen Versender spreche – mehr als auf das Thema hinweisen könne er nicht. Auf die berechtigte Nachfrage, ob ihm die Kontrolle von DocMorris & Co. aktuell nicht ausreiche, wollte er dann doch nicht zu gemein zu alten Freunden sein. Nur: Ohne Grund spreche er ja nicht mit dem Kollegen.
Fast konnte man meinen, Spahn stünde auch im kommenden Jahr noch als Gesundheitsminister zur Verfügung – er selbst unternahm nichts, um diesbezüglich für Klarheit zu sorgen, hatte aber erkennbar wenig Lust, über Armin Laschet und die drohende Pleite der Union bei der Bundestagswahl zu reden. Und so verabschiedete er sich, ganz Digitalisierungsminister, mit der als Emoticon ikonischen Geste der Dankbarkeit bei den Apothekerinnen und Apothekern. Man weiß bekanntlich nie, ob und wo man sich wiedersieht.
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