Kuck: Sparmaßnahmen führen zu Lieferengpässen APOTHEKE ADHOC, 04.10.2019 15:11 Uhr
Die Noweda macht auf die anhaltenden Lieferengpässe von Arzneimitteln aufmerksam. Morgen startet dazu im Burda-Magazin Focus eine Kampagne. Auch in der Kundenzeitschrift My Life informiert die Essener Genossenschaft über die Lage bei Defekten.
Die Situation mit nicht-lieferbaren Arzneimitteln spitzt sich laut Noweda seit einigen Monaten zu. Von Anfang Juni bis Ende August seien waren deutschlandweit 2216 verschreibungspflichtige Medikamente durchgehend nicht lieferbar. Das sei ein großes Ärgernis für Großhandel, Apotheken und Patienten.
Noweda will mit der Kampagne in den Zeitschriften bei Endverbrauchern auf die „prekäre Situation“ aufmerksam machen: „Die Gründe für die Engpässe sind im Wesentlichen auf Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen zurückzuführen“, sagte Firmenchef Dr. Michael Kuck. Krankenkassen schrieben jedes Jahr Wirkstoffe aus und die günstigsten Anbieter erhalten den Zuschlag. Um die entsprechenden Preise bieten zu können, würden Produktionen in Billiglohnländer verlagert. Unternehmen, die den Zuschlag nicht bekämen, steigen meist aus der Produktion aus.
Mögliche Engpässe könnten dann nicht mehr kompensiert werden, so Kuck. Zusätzlich werde Deutschland immer mehr zum Exportland, weil viele Arzneimittel inzwischen hierzulande billiger seien als im Ausland. „Die Konsequenzen bekommen wir gerade zu spüren. Das ist sehr unbefriedigend für alle Beteiligten.“
In der Kampagne wird auch darauf hingewiesen, dass täglich 19.268 Vor-Ort-Apotheken darum kämpften, die Versorgung der Patienten in Deutschland trotz dieser Lieferengpässe sicherzustellen. Außerdem verweist der Großhändler auf die rückläufigen Apothekenzahlen: „Inzwischen muss alle 31 Stunden eine Vor-Ort-Apotheke aufgeben und für immer schließen.“
My Life ist ein Teil des „Zukunftspakt Apotheke“ von Noweda und Burda. Rund 6000 Apotheken beteiligen sich an der im April gestarteten Initiative, die auch eine Kunden- und Apotheken-App beinhaltet. Ab Januar können Apotheken von Noweda monatlich auch einen Senioren-Ratgeber beziehen.
Im Januar hatte Kuck in einem Gastbeitrag im Focus vor den Folgen des Versandhandels mit Medikamenten gewarnt. Alle zahlten einen Preis für Bequemlichkeit und Schnäppchenjagd im Netz, hieß es darin. Im vergangenen Jahr hatte der Großhändler unter dem Kampagnentitel „Alle 38 Stunden“ auf die beständig sinkende Apothekenzahl hingewiesen. Auch damals gab es dazu eine Kampagne im Focus. Zu diesem Ergebnis kam eine von Noweda bei der GfK, Gesellschaft für Konsumforschung, in Auftrag gegebene Befragung.
Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, warnt dagegen vor den „Märchen“ der Pharmaindustrie: „Die Politik darf sich nicht von der Pharmaindustrie auf eine falsche Fährte locken lassen“, sagte er zu einem Entwurf eines Positionspapiers der Bundestagsfraktion der Unionsparteien. Deren Aussagen zu veränderten Ausschreibungsmodalitäten für Arzneimittelrabattverträge wies er zurück: Die Pharmalobby lulle die Politik immer wieder mit dem Märchen ein, dass deutsche Rabattverträge Arzneimittelengpässe auslösten. „Auf diesen Unfug fällt das Entwurfspapier der Unionsparteien leider in weiten Strecken rein.“