„Proteste müssen weitergehen“

Krisengipfel mit Lauterbach: Ärzte „völlig unzufrieden“

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Berlin -

Das hatte Karl Lauterbach (SPD) sich vermutlich anders vorgestellt. Auf allen Kanälen hatte er sich vor dem Krisengipfel mit Ärztevertretern als Gesundheitsminister gegeben, der sich um die Sorgen und Nöte der Praxen kümmert. Doch der Virchowbund lässt ihn auflaufen: Einseitig die hausärztliche Versorgung zu fördern und die Fachärzte weiterhin zu ignorieren, sei „ein Versuch, die Ärzteschaft zu spalten und das Gesundheitssystem komplett umzubauen“, so der Vorsitzende Dr. Dirk Heinrich nach dem Gespräch in Berlin. Die vorgelegten Vorschläge seien unvollständig und viel zu vage. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist skeptisch.

Für einen fachübergreifenden Verband wie den Virchowbund, der gut zur Hälfte hausärztliche Mitglieder hat, bestehe die ambulante Versorgung im Wesentlichen durch das Miteinander aus hausärztlicher und fachärztlicher Grundversorgung – beispielsweise durch Gynäkologen, Internisten, Augenärzte oder HNO-Ärzte. „Es liegt seit heute auf der Hand, dass der Minister die Fachärzte auf mittlere Sicht in den Krankenhäusern statt in deren Praxen sieht. Eine fachärztliche Grundversorgung wird es dann im bisherigen Umfang nicht mehr geben. Damit wird Lauterbach zum Vater der Wartelistenmedizin und des Endes der freien Arztwahl in Deutschland. Und er wird damit auch zum Vater der Zwei-Klassen-Medizin, weil sich Patienten aus dieser Wartelistenmedizin herauskaufen werden.“

Heinrich weiter: „Wir haben gegenüber dem Bundesgesundheitsminister drei Vorschläge gemacht, wie kurzfristig auf die bestehenden Probleme reagiert werden kann: Zunächst sollte ein unterer Budgetdeckel eingeführt werden, der die Quotierung der Leistungen auf minimal 90 Prozent begrenzt. Dies kann aber nur ein Einstieg in eine vollständige Entbudgetierung sein. Alle Leistungen, die auf eine Überweisung hin erfolgen, sollen vollständig von Budgets befreit werden. Dadurch soll die hausärztliche Koordinationsleistung gestärkt werden. Zudem sollen alle Ärzte, die ihre Praxis in sozialen Brennpunkten betreiben, entbudgetiert werden. Hierfür gibt es bereits etablierte Sozialindizes, die Faktoren wie Arbeitslosenquote, Migrantenanteil oder Einkommensverhältnisse abbilden“, berichtet Heinrich.

„Die Wut wächst“

„Mit dem heutigen Gesprächsergebnis sind wir jedenfalls völlig unzufrieden. Wir beobachten, dass die Wut an der Basis weiter steigt. Daher ist für uns klar, dass die Proteste weitergehen müssen. Daher ist für uns klar, dass die Proteste weitergehen müssen, wenn nicht die gesamte ambulante Versorgung durch Haus- und Fachärzte in den Blick genommen wird“, so Heinrich.

Auch bei der KBV ist man ernüchtert. „Das war leider viel zu wenig und trotz erster Lichtblicke insgesamt enttäuschend“, so das Fazit der beiden Vorstände Dr. Andreas Gassen und Dr. Sibylle Steiner, die am Treffen teilgenommen hatten. „Vor dem Hintergrund der drängenden Probleme der ambulanten Versorgung hätten wir uns mehr und deutlich konkretere Lösungs- und Umsetzungsschritte gewünscht. Zu vieles ist unverbindlich und offen geblieben.“

Immerhin: Die hausärztliche Entbudgetierung solle in diesem Jahr kommen. „Das begrüßen wir! Das kann und darf aber nun nicht alles sein. Im nächsten Schritt muss nun die Entbudgetierung der Fachärzte rasch folgen.“

Keine Alleingänge mehr!

Auch die Entbürokratisierung gelte es schnell und entschlossen anzugehen. „Der Minister hat erneut zugesagt, die Regresse weitgehend abzuschaffen. Beim Thema Digitalisierung blieb eigentlich außer vagen Ankündigungen alles offen. Wie der Wechsel zu leistungsfähigen Praxisverwaltungssystemen erleichtert und finanzierbar werden soll, ist heute jedenfalls unklar geblieben.“

Es sei „absolut unerlässlich, die geplanten Schritte jetzt mit der KBV und den Kassenärztlichen Vereinigungen zu besprechen und auf Praktikabilität zu prüfen“. Denn die Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung müssten ohne Frage verbessert werden – und das schnell und konsequent. „Geschieht weiterhin nichts oder werden notwendige Lösungen auf die lange Bank geschoben, droht sehr bald das Ende der von Patientinnen und Patienten hochgeschätzten qualitativ hochwertigen sowie wohnortnahen medizinischen Versorgung durch inhabergeführte Praxen.“

Die Bürgerinnen und Bürger wüssten das und forderten von der Politik Lösungen. „Das beweisen rund 550.000 Unterschriften für die Petition zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung. Klar ist auch, dass eine zukunftsfeste Lösung alle ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen umfassen muss.“

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