Krankenhausapotheken stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen: Zum einen sollen sie die bestmögliche Medikamentenbehandlung ihrer Patienten sicherstellen, zum anderen haben sie mehr und mehr ökonomische Aspekte zu berücksichtigen. In seinem Vortrag auf dem Kongress des Weltapothekerverbands FIP erläuterte Dr. Torsten Hoppe-Tichy, Leiter der Apotheke der Universitätsklinik Heidelberg, die aktuellen Schwierigkeiten deutscher Krankenhausapotheken.
Medikamentenengpässe seien in Deutschland keine Seltenheit, betonte er. Jede Woche müsse er in seiner Heidelberger Klinik-Apotheke Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung finden. In den vergangenen Jahren sei es zu etwa 1000 Engpässen gekommen; auch grundlegende Antibiotika hätten gefehlt.
Kritisch sieht Hoppe-Tichy, dass Hersteller nicht jeden Engpass melden müssen. Zudem gebe es keine Richtlinien, welche Medikamente die Pharmaindustrie in welchem Umfang vorrätig halten müsse. Der Verbrauch im Krankenhaus werde von der Industrie nicht eingerechnet, kritisiert er. Daher forderte er einen geregelten Prozess, über den Pharmakonzerne den Krankenhausapotheken Engpässe mitteilen müssen.
Einzelne Apotheken würden derzeit bereits Strafzahlungen bei Lieferengpässen vereinbaren. Das sei zwar geeignet, um bei Ausfällen etwas Geld zurückzugewinnen, aber es helfe dem Patienten wenig, der dringend ein Medikament benötige, so Hoppe-Tichy. Außerdem sei es wichtig, einen zuverlässigen Lieferanten zu wählen. „Doch woher wollen wir wissen, welcher Anbieter immer lieferbar ist?”
Ein weiteres Problem für die Arzneimittelsicherheit liegt aus seiner Sicht darin, dass ähnlich aussehende oder klingende Medikamente leicht verwechselt werden könnten. An Krankenhausapotheken würden vorrangig Arzneimittel in Großpackungen geliefert, die den Patienten anschließend durch Krankenpfleger dosiert zugeteilt würden, beschrieb Hoppe-Tichy. Da die Tabletten in den zerschnittenen Blistern kaum auseinander zu halten seien, sei nicht mehr zu erkennen, was für Medikamente ausgeteilt würden, warnt er. Um dem entgegenzuwirken, würden in einigen europäischen Ländern bereits Einzeldosis-Verpackungen angeboten. Das fordert Hoppe-Tichy auch für deutsche Krankenhausapotheken.
Ein Medikationsmanagement sei zwar sehr geeignet, um Medikationsfehler zu vermeiden, sagt Hoppe-Tichy. Doch dazu gebe es bislang nur lokale Projekte in einzelnen Krankenhäusern. Zudem erfordere die Überwachung eine spezielle Qualifikation und sei zeitaufwändig. Hoppe-Tichy zitierte zudem eine Studie, derzufolge Medikationsmanagement nur dann einwandfrei funktioniert, wenn auch ein Krankenhausapotheker Teil des überwachenden Teams ist. Bis zu einem funktionierenden Verfahren sei noch viel zu tun: Ausreichend Personal, eine geeignete IT-Infrastruktur und ein Barcodesystem seien erforderlich. „Wir befinden uns gerade noch in der ersten Phase“, so Hoppe-Tichy.
Zuletzt stellte sich für ihn die Frage, ob selbst ein reiches Land wie Deutschland zukünftig noch in der Lage sein wird, die immer teurer werdenden Medikamente etwa für eine Krebsbehandlung bezahlen zu können. Früher habe ein Krankenhaus die wirksamsten und sichersten Medikamente ausgewählt – auch wenn diese teurer waren als die Alternativen. „Das galt, als wir noch normale Arzneimittelpreise hatten”, sagte Hoppe-Tichy. Inzwischen habe sich das geändert.
Schon jetzt habe ein auf Krebs spezialisiertes Krankenhaus jeden Monat Arzneimittelausgaben in Höhe von etwa 2,5 Millionen Euro. „Das wird explodieren: Es wird einfach zu teuer“, ist Hoppe-Tichy sicher. „Wir müssen zusammenarbeiten, um dieses Problem zu lösen. Das ist ein nationales Problem“, sagte er.
Er bestätigte die Einschätzung eines Kollegen aus der Schweiz, dass Krankenkassen Druck machten, einem Patienten möglichst das günstigste Medikament zu geben: „Es mangelt an Solidarität im Gesundheitssystem“, so Hoppe-Tichy. Aus seiner Sicht ist dies ein weiteres wirtschaftliches Problem der Medikamentenversorgung: Zu wenige Patienten verstünden, dass es nicht darum gehe, nach dem Einzahlen ins System auch Leistung zu bekommen. „Wer nichts zurück erhält, sollte sich freuen: Denn das bedeutet, gesund zu sein“, sagt Hoppe-Tichy.
Derzeit gibt es insgesamt 1721 Krankenhäuser mit mehr als 477.000 Betten in Deutschland. Nur 387 dieser Kliniken werden von einer eigenen Krankenhausapotheke versorgt. Der ADKA fordert, dass in jedem Krankenhaus ein an die jeweils lieferende Apotheke angebundener Klinischer Pharmazeut anwesend sein sollte.
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