Krebsarzneien sorgen für Ausgabenschub APOTHEKE ADHOC, 23.02.2018 10:44 Uhr
Die Ausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel sind im Jahr 2017 um 3,5 Prozent auf 38 Milliarden Euro gestiegen. Die Mehrausgaben gegenüber dem Vorjahr beliefen sich somit auf 1,3 Milliarden Euro. Und liegen damit leicht über den zwischen Kassen und Ärzten vereinbarten Wachstumskorridor. Allerdings sank die Zahl der an Kassenpatienten abgegebenen Packungen leicht.
Nach Angaben von IQVIA (früher IMS Health) entfällt ein großer Teil des Anstiegs auf innovative Krebstherapien, Präparate gegen schwere Erkrankungen des Immunsystems und Therapien zur Schlaganfallprophylaxe. Noch nicht berücksichtigt sind in diesen Angaben aber die Ersparnisse der Kassen aufgrund von Rabattverträgen. In den ersten neun Monaten 2017 betrugen diese 2,9 Milliarden Euro – dürften also im Gesamtjahr klar über drei Milliarden Euro steigen. Die GKV sparte im Jahr 2017 durch Herstellerzwangsabschläge 3,3 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 16 Prozent.
Durch den Apothekenabschlag von 1,77 Euro auf jede für GKV-Versicherte abgegebene Rx-Packung sparten die Krankenkassen im letzten Jahr über 1,1 Milliarden Euro. Die Summe der Apothekennachlässe fiel damit um knapp einen Prozentpunkt geringer aus als im Vorjahr. Grund dafür ist die Absatzentwicklung: Die Zahl der abgegebenen Arzneimittelpackungen sank im vergangenen Jahr um ein Prozent auf 705 Millionen.
Im Jahr 2017 wurden dafür ein Prozent mehr Impfstoffdosen an GKV-Versicherte abgegeben als im Jahr davor. Von den insgesamt 35 Millionen Impfdosen entfielen 57 Prozent auf virale Impfstoffe. Der Teilmarkt der Mehrfach-Impfstoffe mit Tetanus oder Masern-Mumps-Komponente umfasste weitere 31 Prozent. Den kleinsten Anteil (12 Prozent) hatten bakterielle Vakzine, zu denen mehrheitlich Pneumokokken-Impfstoffe gehören. Einen nennenswerten Zuwachs gab es 2017 nur bei Mehrfach-Impfstoffen mit plus 4 Prozent.
Der Umsatz des Gesamt-Apothekenmarktes des Jahres 2017 legte um 5 Prozent auf 34 Milliarden Euro zu. Diese Angaben von IQVIA beruhen anders als beim GKV-Markt auf den Abgabepreisen der pharmazeutischen Unternehmer (AvP) und fallen daher niedriger aus. Die Zahl der abgegebenen Rx- und OTC-Packungen stagnierte danach im letzten Jahr einer „roten Null“ und 1,6 Milliarden Packungen.
Beim Umsatz gab es im Jahresverlauf große Schwankungen: Im Januar, März und Mai legte der Apothekenmarkt zwischen 8 bis 12 Prozent an Umsatz zu. Im Februar herrschte Stagnation. Der April war durch ein Minus von sechs Prozent gekennzeichnet. Von Juni bis Oktober und im Dezember verbucht der Markt hingegen moderate Zuwächse zwischen einem und fünf Prozent. Im November lag der Umsatz wieder um neun Prozent über dem Vorjahreswert. Das hat unter anderem mit der Zahl der Arbeitstage zu tun.
Auf die führenden zehn Präparategruppen entfällt laut IQVIA rund ein Drittel des Apothekenmsatzes. In Summe legten diese Gruppen mit plus 9 Prozent stärker zu als der gesamte Markt (plus 5 Prozent). Die höchste Steigerung erzielten direkte Faktor-Xa-Hemmer (Antikoagulantien; plus 26 Prozent). Zu den weiteren Gruppen mit zweistelligem Wachstum zählen verschiedene Krebstherapien (Proteinkinasehemmer plus 15 Prozent; MAB Antineoplastika plus 14 Prozent; zytostatische Hormonantagonisten plus 10 Prozent) und Immunsuppressiva zur Behandlung schwerer Erkrankungen des Immunsystems (plus 13 Prozent).
Der Umsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln steigt im Jahr 2017 um 5 Prozent auf 29,2 Milliarden Euro. Der Absatz blieb mit 738 Millionen Packungen in etwa auf dem Vorjahresniveau. Präparate zur Schmerzbehandlung (plus 3 Prozent), Lipidregulatoren (plus 3 Prozent) und Angiotensin-II-Antagonisten als Monopräparate (plus 9 Prozent) erzielten nennenswerte Zuwächse.
Im Jahr 2017 steigt der Umsatz mit OTC-Präparaten um 2 Prozent auf fünf Milliarden Euro. Der Absatz stagnierte bei 848 Millionen Packungen. Aufgrund einer ausgeprägten Erkältungssaison zum Jahresbeginn und entsprechend hohen Steigerungsraten bei Erkältungsmitteln im September verbuchen die entsprechenden Präparategruppen im Gesamtjahr ein Wachstum im mittleren einstelligen Bereich. Andere absatzstarke Gruppen wie Schmerzmittel (minus 3 Prozent), Immunstimulantien (minus 5 Prozent) oder topische Antirheumatika (minus 5 Prozent) mussten Rückgänge hinnehmen.
Der Umsatz des Arznemittelversandhandels wuchs 2017 erneut stärker als in den Vor-Ort-Apotheken um 8 Prozent. Insgesamt bestellten Verbraucher 122 Millionen Packungen im Wert von 1,1 Milliarden Euro über den elektronischen/telefonischen Bestellweg. Der Absatz sowohl von rezeptfreien und als auch von rezeptpflichtigen Präparaten wuchs um je 6 Prozent. Dabei entfällt der Löwenanteil der Packungen mit 92 Prozent auf das OTC-Segment. Nur 8 Prozent aller Packungen sind Rx-Arzneimittel. Innerhalb der führenden Präparategruppen im OTC-Versandhandel wurden vor allem Produkte gegen trockene Augen (plus 14 Prozent) und topische Schnupfenmittel (plus 12 Prozent) stärker nachgefragt. Zu den führenden Gruppen innerhalb des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln gehören in der Mehrzahl Therapien gegen chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Angiotensin-II-Antagonisten plus 16 Prozent; Lipidregulatoren plus 10 Prozent; Beta-Blocker plus 9 Prozent), aber auch Thyreoidpräparate (plus 11 Prozent) gegen Schilddrüsenerkrankungen und Antidepressiva (plus 7 Prozent).