Mit einer gemeinsamen Initiative haben Apotheker, Ärzte und Krankenhäuser in dieser Woche auf die Probleme bei der Zytostatika-Versorgung aufmerksam gemacht und ein Verbot von Ausschreibungen gefordert. Während sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) weiter bedeckt hält, reagiert als erster CDU-Gesundheitsexperte Michael Hennrich: Der Berichterstatter für Arzneimittel der will die Apotheker aus der Preiszwinge entlassen und schlägt stattdessen Rabattverträge zwischen Kassen und den Wirkstoffherstellern vor.
„Wir wollen, dass die Kassen in Zukunft direkt Rabattverträge mit den Zytostatika-Herstellern schließen und die Apotheken verpflichtet werden, nur Produkte mit Rabattvertrag einzusetzen“, sagte Hennrich dem Handelsblatt. „Damit erhalten wir die Wahlfreiheit der Apotheke und legen gleichzeitig den grauen Markt um Zytostatika trocken.“
Eine solche Änderung könnte die große Koalition im Rahmen der AMG-Novelle oder des Pharmadialog-Gesetzes noch in diesem Jahr beschließen. Ob gut gemeint auch gut gemacht ist, steht auf einem anderen Blatt und hängt von der praktischen Ausgestaltung des Vorschlags ab. Bisher gab es auf Seiten der Zyto-Apotheken stets Vorbehalte gegen eine Rabattvertragslösung.
Denn in der Praxis könnte das dazu führen, dass die Apotheken es mit zehn oder sogar mehr Herstellern zu tun bekommen – bei nur einem Wirkstoff. „Das ist nicht praktikabel, wenn unter der Werkbank so viele verschiedene Produkte stehen“, sagt ein Branchenkenner. Obwohl es sich um den gleichen Wirkstoff handelt, wären die Produkte nicht austauschbar. Wegen der teilweise nur kurzen Haltbarkeitsfristen warnen Experten vor einem rasanten Anstieg der Verwürfe.
Die Rabattvertragsidee müsste daher flankiert werden von Einkaufsgemeinschaften der Kassen. Würden Kassen zumindest regionale Einkaufspools bilden, ließe sich die Anzahl der Wirkstoffprodukte reduzieren. Zu prüfen wäre dabei allerdings, ob solche Pools mit dem Kartellrecht vereinbar sind.
Am Mittwoch hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) gemeinsam mit dem Verband der Zytostatika-herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA), dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), der Deutschen Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP), die Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), dem Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO) sowie dem Berufsverband Niedergelassener Gynäkologischer Onkologen (BNGO) den Druck auf die Bundesregierung erhöht, Zyto-Ausschreibungen zu stoppen.
„Exklusivverträge für Zytostatika-Rezepturen zerstören die flächendeckende Versorgungsstruktur. Nach jeder Ausschreibungsrunde bleiben weniger Gewinner übrig und immer mehr Spezialapotheker müssen aufgeben“, sagt DAV-Chef Fritz Becker. „Der Gesetzgeber muss bald handeln und solche Ausschreibungen verbieten: Es kann nicht sein, dass die Krankenkassen die Zytostatika-Versorgung kaputt sparen.“
Ähnlich äußert sich Professor Dr. Stephan Schmitz, Vorstandsvorsitzender BNHO: „Mit Ausschreibungen dringen die Kassen nicht nur in die Entscheidungskompetenz des Arztes ein, sondern auch in das besonders geschützte Vertrauensverhältnis von Arzt und Patient. Das ist aus Sicht der niedergelassenen Hämatologen und Onkologen nicht akzeptabel.“
VZA-Chef Dr. Klaus Peterseim fügt hinzu: „Eine ordentliche Patientenversorgung mit individueller Überprüfung und Beratung durch die Apotheken gerät durch die Ausschreibungen in den Hintergrund. Die einheitliche und multiprofessionelle Zusammenarbeit bei Chemotherapien zwischen onkologischen Praxen und hochqualifizierten Apotheken wird durch Exklusivausschreibungen vernichtet.“
APOTHEKE ADHOC Debatte