Rx-Versandverbot

Krauß (CDU): Auf Spahn kommt es nicht an Lothar Klein, 30.04.2018 14:56 Uhr

Berlin - 

Die Diskussion über die Umsetzung des Rx-Versandverbotes hat nicht nur die Apotheker aufgeschreckt. Auch in den Reihen der Gesundheitspolitiker der Union gibt es Kritik am Abrücken des CDU-Arzneimittelexperten Michael Hennrich vom Koalitionsvertrag: „Der Koalitionsvertrag gilt unabhängig davon, wer Minister ist“, sagte Alexander Krauß (CDU), Mitglied im Gesundheitsausschuss.

„Auch wenn Ex-Minister Hermann Gröhe besonders engagiert für das Rx-Versandhandelsverbot gekämpft hat, so gilt die Aussage im Koalitionsvertrag für die Bundesregierung als Ganzes. Wir sollten jetzt zügig Nägel mit Köpfen machen“, so Krauß weiter. Wenn man als Erstes den Koalitionsvertrag beim Rx-Versandverbot infrage stelle, dann kämen rasch weitere Forderungen für Änderungen. Irgendjemandem gefalle immer etwas nicht, heißt es in der Unionsfraktion.

Unmittelbar nach der Regierungsbildung hatte sich Krauß Anfang März für eine rasche Umsetzung des Rx-Versandverbots stark gemacht. „Das Rx-Versandverbot war der letzte inhaltliche Punkt des Koalitionsvertrages, der mit der SPD ausgehandelt wurde. Es gibt keinen anderen Punkt, weder in der Innen- noch in der Außen- oder Sozialpolitik, der danach kam. Damit war der GroKo-Vertrag fertig. Die Union hat immer gesagt, wir geben das Ziel nicht auf. Die Zustimmung ist mit der grundsätzlichen Einigung im GroKo-Vertrag nur noch Formsache. Aus meiner Sicht sollte das Rx-Versandverbot daher das erste Gesetz sein, das der Gesundheitsausschuss berät und das die GroKo durch den Bundestag bringt.“

Daraus wird auf keinen Fall etwas. SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach hatte letzte Woche erklärt, dass das Rx-Versandverbot nicht zu den in der Koalition vereinbarten Paketen gehöre, „die uns besonders wichtig sind“. Ob noch in diesem Jahr ein Gesetzentwurf von Spahn vorgelegt werde, wisse er nicht. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, hatte die Apotheker bereits um Geduld gebeten: Sie gehe davon aus, dass ein erster Entwurf aus dem BMG bis zum Jahresende komme: „Wir wollen das in diesem Jahr noch mal adressieren“, so Maag vor zwei Wochen. Die Gesetzgebung könne aber 2018 nicht abgeschlossen werden.

„Die Angst vor verfassungsrechtlichen Problemen soll uns nicht abhalten, dass wir überhaupt in die Thematik einsteigen“, so Maag. Union und SPD hätten in den Koalitionsvertrag geschrieben, „dass wir das schaffen wollen“. Sie werde „auf eine nachhaltige Umsetzung in der Koalition drängen.“ Ob der von Amtsvorgänger Gröhe vorgelegte Gesetzentwurf erneut eingebracht werde, müsse man abwarten, sagte Maag. Das von Jens Spahn (CDU) neu formierte Bundesgesundheitsministerium (BMG) und der neue Leiter der Abteilung Arzneimittel, Thomas Müller, müssten „sich das ansehen“ und einen Entwurf vorlegen. „Dann gehen wir ins Fine-Tuning“, sagte Maag.

Nach Angaben des BMG wird derzeit eine Umsetzung des Rx-Versandverbotes geprüft: „Wir sind dabei zu prüfen, wie dieses umgesetzt werden kann“, so eine Sprecherin gegenüber dem Südwest Rundfunk (SWR): Es seien „eine ganze Reihe von europarechtlichen Fragen zu klären.“

Für die SPD lehnt deren Apothekenexperte Edgar Franke ein Rx-Versandverbot ab: „Wir verbessern durch die Möglichkeit, digital im Internet zu bestellen, die Versorgungssicherheit“, sagte Franke im Gespräch mit dem SWR. Ein Versandverbot sei problematisch, weil es aus SPD-Sicht nur schwer europarechtlich und verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sei. Dafür müssten „überragende Gründe des Gemeinwohls“ vorliegen.

Unterdessen bekräftige Hennrich bei DAZ.online sein Abrücken vom Koalitionsversprechen: „Direkt nach der Benennung von Jens Spahn habe ich der ABDA gesagt, das war`s für das Rx-Versandhandelsverbot. Gröhe hätte das vielleicht realisiert, weil es ihm ein Herzensanliegen war; bei Bundesminister Spahn - den ich sonst sehr schätze - habe ich da mehr als große Zweifel. Das ist die Ausgangslage. Was erwarten Sie jetzt von einem, der es wohl meint mit den Apothekern? Dass er zum Wirtschaftsforum der Apotheker geht und weiterhin das Rx-Versandhandelsverbot hoch hält? Mich dafür feiern lassen und am Ende mit den Achseln zucken, wenn es nicht klappt?“

Auch auf Facebook postete Hennrich seine Sicht der Dinge: „Wir müssen nun den Stillstand beim Versandhandelsverbot beenden und gemeinsam an Alternativen arbeiten - jetzt gilt es die unterschiedlichsten Interessen unter einen Hut zu bringen. Aber dennoch bleibe ich dabei: Die Apotheke vor Ort ist für die Arzneimittelversorgung unverzichtbar!“

Apotheker fühlen sich hingegen von Hennrich verschaukelt: Apotheker Christian Redmann machte seinem Ärger ebenfalls auf Facebook Luft: „Haben se uns also verraten und verkauft...die Jungs und Mädels von der GroKo...na, wer hätte das gedacht? Was für eine unsägliche Überraschung. Man weiß jetzt gar nicht mal so richtig, ob man Michael Hennrich dankbar sein sollte, dass er seine gewagten - und nicht zu Ende gedachten - Ideen vorgebracht hat oder ob man gleich anfängt zuerst zu schreien und zu fluchen. Tja... Ich glaube mal, das Thema Rx-VV hat sich demnach auch für die idealistischsten Optimisten unter uns erledigt. Während sich nun unsere 'beste aller möglichen' Standesvertretungen nach dem Stelldichein mit Jens Spahn in Schweigen gehüllt hat beziehungsweise gehüllt wurde... machen wir armen Deppen an der Front also weiter. Bis auch dem letzten das Licht ausgeht, finden die Älteren keinen Nachfolger, die Jüngeren keine angestellten Approbierten und insgesamt brennen wir gemeinsam noch so ein klein wenig aus und nach bis auch dem letzten Apotheker erst die Luft ausgeht. Bedanken möchte ich mich - mangels fehlender Gegenbeweise - auch nochmals bei Friedemann Schmidt, der nichts unversucht gelassen hat, die aktuellen Entwicklungen nicht zu beeinflussen.“