Sechs Millionen privat Krankenversicherte müssen zum Jahreswechsel mit zum Teil massiven Tariferhöhungen rechnen. Im Schnitt lägen die Anhebungen bei elf Prozent. In der Spitze seien auch gut doppelt so hohe Prämienanhebungen möglich. Darüber berichteten die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“. Damit sind rund zwei Drittel der fast neun Millionen privat Versicherten betroffen. Die Benachrichtigung durch ihre Kasse würden die meisten Anfang November erhalten.
Als Grund nennt der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) die anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Volker Leienbach, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des PKV-Verbandes, sagte, „dass es zu untypischen Beitragserhöhungen“ kommen werde, ohne sich auf genaue Zahlen festzulegen. „Was am Kapitalmarkt nicht zu erwirtschaften ist, muss durch eine Erhöhung der Vorsorge ausgeglichen werden“, sagte er. Dies sei „gesetzlich vorgeschrieben“.
„Ohne die Auswirkungen der Niedrigzinsen wäre die PKV-Beitragsentwicklung auch in diesem Jahr unauffällig“, so Leienbach weiter. Schon seit Jahren liege der Ausgabenanstieg der privaten nicht über derjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Die sich abzeichnenden Tariferhöhungen lassen den Ruf nach einer solidarischen Einheitskrankenversicherung wieder lauter werden. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Vogler, erklärte: „Das Geschäftsmodell der privaten Krankenversicherungen ist am Ende. Jetzt zeigt sich überdeutlich, dass ein solidarisch finanziertes und auf Umlage basierendes gesetzliches Versicherungsmodell nachhaltiger ist als das der Privatversicherung, das auf Kapitalmarkt und Zinserträge setzt.“ Es sei ein Irrweg, wenn aus Kreisen der Union jetzt Gesetzesänderungen zur Rettung der Versicherungskonzerne erwogen würden.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, argumentierte, die starke Abhängigkeit der PKV vom Finanzmarkt mache es krisenanfällig. Die massive Anhebung „trifft auch viele nicht gut verdienende Selbstständige oder kleine Beamte“. Auch sie plädierte für das Einheitsmodell Bürgerversicherung. „Wir brauchen ein Modell, das in alle Lebenslagen passt. Solidarität muss alle umfassen. Als Gemeinschaft können wir die Herausforderungen der älter werdenden Gesellschaft besser stemmen.“
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