Krankenversicherung

Bahr und Bender kritisieren Kassen APOTHEKE ADHOC, 28.08.2013 15:13 Uhr aktualisiert am 28.08.2013 18:17 Uhr

Auswahl der Versicherten: Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) wirft den Kassen Rosinenpickeri vor. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Das Verhalten einiger Krankenkassen gegenüber älteren und kranken Versicherten hat fraktionsübergreifend für Empörung gesorgt. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte: „Es ist nicht in Ordnung, dass einzelne Krankenkassen versuchen, Rosinenpickerei zu betreiben.“ Das Bundesversicherungsamt (BVA) hatte in einem Bericht auf die Missstände hingewiesen. Kritik kam auch von den Gesundheitsexperten Biggi Bender (Bündnis 90/Die Grünen), Jens Spahn (CDU) und Harald Weinberg (Die Linke).

Aus Bahrs Sicht tragen die Vorstände der Krankenkassen die Verantwortung für solches Fehlverhalten. Positiv wertete Bahr den Tätigkeitsbericht des BVA mit der Auflistung der kritisierten Praktiken. Der Bericht zeige, dass die Aufsicht handele und die Gesetzeslage klar sei.

Bender sagte, es widerspreche dem Solidarprinzip, „wenn die Kassen Versicherte mit hohem Einkommen oder gutem Gesundheitszustand bevorzugen und andere vergraulen“. Es sei nicht Aufgabe der Krankenversicherung, nach möglichst hohen Überschüssen zu streben. Sie sieht Fehlanreize im internen Finanzausgleich Kassen.

Weinberg glaubt ebenfalls, dass der Fehler im System liegt: „Das sind keine 'Blüten', die der Wettbewerb hier treibt. Es ist die logische Konsequenz des Wettbewerbs, dass auch gesetzliche Krankenkassen wie private Versicherungen Rosinenpickerei betreiben.“ Die lukrativen Versicherten würden umworben, Alte und Kranke versuche man an andere Kassen loszuwerden – „sei es mit legalen, halblegalen oder nicht-legalen Mitteln“.

Auch aus Weinbergs Sicht sind die Anreize sind völlig falsch gesetzt. Der Risikostrukturausgleich überweise den Kassen für kranke Versicherte zu wenig, für Gesunde zu viel. Schwarz-Gelb habe auf diese Kritik am Risikostrukturausgleich nie reagiert. „Minister Bahr täte gut daran, sich an die eigene Nase zu fassen, statt jetzt mit dem Finger auf die vermeintlich bösen Krankenkassen zu zeigen“, so Weinberg.

Auch der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn beurteilte das Verhalten der Kassen als „fatal“. „Jede Krankenkasse muss jeden als Versicherten annehmen, egal, wie alt, welches Einkommen oder ob es Vorerkrankungen gibt“, so Spahn.

Wenn einige Kassen gerade Ältere oder kranke Menschen abzuwimmeln versuchten, widersprächen sie der „ganzen Idee der Sozialversicherung“. Dieses Verhalten sei „völlig inakzeptabel“. Notfalls müssten die Vorstände der Kassen stärker mit in Haftung genommen werden.