Der Verband der Ersatzkassen (vdek) hat angesichts gestiegener Zusatzbeiträge weitere Einsparungen bei neu zugelassenen Medikamenten gefordert. Der Erstattungsbetrag müsse rückwirkend zur Markteinführung gelten, sagte Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner. Außerdem solle die Nutzenbewertung zeitnah in der Praxissoftware der Ärzte erscheinen und mehr Transparenz bei der Preisbildung geschaffen werden.
Dass die Pharmaunternehmen im ersten Jahr nach der Zulassung den Arzneimittelpreis selbst bestimmen dürften, sei nicht akzeptabel. Auch wenn ein Arzneimittel keinen Zusatznutzen habe, verbleibe der Gewinn aus den ersten sechs Monaten beim Hersteller, so Elsner. Es werde ein „AMNOG 2.0.“ benötigt.Die verhandelten Preise müssten rückwirkend gelten. Die Wunschpreise der Industrie gingen zulasten der Versicherten.
Der vdek sieht bei Einsparungen auch die Ärzte in der Pflicht: Die Ergebnisse der Nutzenbewertung sollten schneller in der Praxissoftware abgebildet werden, so Elsner. Viele Mediziner griffen nicht auf die Daten zurück. Für die zeitnahe technische Umsetzung werde die Bereitschaft der Ärzte benötigt. Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, forderte im vergangenen Jahr bessere Informationen für Ärzte. Die Apotheken hätten zwar keinen Einfluss auf die Arzneimittelpreise, sie könnten aber stärker in die Beratung bezüglich der Wirksamkeit von Arzneimitteln sowie der individuellen Nutzung einbezogen werden.
Außerdem solle mit einer Nutzenbewertung für Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen verhindert werden, dass Hersteller einen Anreiz hätten, „Medikamente als Orphan Drug zu labeln“, so Elsner. Für diese Präparate sei derzeit der Zusatznutzen bereits durch die Zulassung belegt. Diese Regelung sei für Hersteller jedoch „strategieanfällig“. Die Anzahl der Neueinführungen von Orphan Drugs habe 2011 bei zwei Präparaten gelegen; 2015 seien es bereits 13 Produkte gewesen. Aktuell seien 86 Arzneimittel auf dem Markt.
Elsner kritisierte zudem die fehlende Transparenz bei der Preisgestaltung. „Wir brauchen eine nachvollziehbare Kalkulation gegen Wunsch- und Mondpreise.“ Hersteller sollten etwa einen Nachweis für hohe Forschungskosten vorlegen. Angesichts des Pharmadialogs zwischen Bundesregierung und Industrie forderte Elsner, die Krankenkassen stärker einzubinden. „Wir können es uns angesichts der Zusatzbeiträge nicht erlauben, weitere Geschenke an die Pharmaindustrie zu verteilen“, warnte sie.
Christian Zahn, ehrenamtlicher vdek-Vorsitzender, warnte vor einer Inflationierung der Aufgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Statt die Kompetenzen der Vertragspartner zu stärken, regele die Politik fachliche Aufgaben selbst oder delegiere diese etwa an den G-BA. Dass der G-BA Indikationen für Qualitätsverträge im Krankenhausbereich vorgebe, sei ein Selektivvertragsgeschäft.
Laut vdek müssen die Steuerungsinstrumente Nutzenbewertung, Festbeträge sowie Rabattverträge erhalten bleiben. „Wir brauchen sie, um die Kosten zu kalkulieren und überschaubar zu halten“, so Elsner. Auch das Preismoratorium für patentfreie Medikamente solle fortgeführt werden.
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