Krankenkassen

Kailuweit: 30 Kassen wären auch genug

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Berlin -

Im September geht KKH-Chef Ingo Kailuweit – mit 61 Jahren ist dann Schluss. „Es ist gut, wenn man den richtigen Zeitpunkt nicht verpasst“, begründet Kailuweit seinen Schritt. Zum Abschied provoziert er die Krankenkassenlandschaft noch einmal: 30 Kassen würden auch ausreichen, sagt Kailuweit in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“, die mit ihm auf Motorradtour ging, und gewährt darüber hinaus ein paar Einblicke in seine Zeit als Kassenchef.

„Wir würden mit deutlich weniger als den momentan 113 Kassen auch gut auskommen“, so Kailuweit. 30 Kassen versicherten über 90 Prozent aller Menschen in Deutschland. Wettbewerb sei gut, aber man benötige als Kasse „ganz einfach eine entsprechende Größenordnung, um in diesem Geschäft politische Arbeit machen zu können oder um Verträge mit Krankenhäusern und Ärzteverbänden abschließen zu können“. Das wird die vielen Chefs der kleinen Kassen nicht erfreuen. Kailuweit hat schon häufiger mit klaren Statements für Aufregung gesorgt.

Klare Worte kamen nach seinen Angaben auch in der Politik nicht immer gut an. Mit SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt „herrschte lange Zeit sogar komplette Funkstille“, erinnert er sich. „Nun, wer klar Position bezieht und in der Öffentlichkeit deutlich Kritik äußert, stößt häufig nicht auf Gegenliebe.“ Mit Schmidt ist wieder alles im Lot: „Übrigens haben wir längst wieder die Friedenspfeife geraucht.“

Dass er früher als denkbar den Vorstandsposten bei der KKH aufgibt, erklärt Kailuweit mit der Bundestagswahl im Herbst: „Dadurch kommen dann wieder neue Politiker dran, vielleicht auch ein neuer Gesundheitsminister.“ Darauf müsste er sich dann wieder neu einstellen. Darauf hat Kailuweit keine Lust: „Ich mache jetzt den Weg für Neue frei.“ Auch die KKH werde für 2020 neu ausgerichtet, da solle „ruhig das verjüngte Vorstandsteam auch die Weichen stellen“.

Langweilen wird sich Kailuweit nicht: Er ist begeisterter Motorradfahrer, will sich um seine Enkel kümmern und sein Haus umbauen. Außerdem bleibt er im Vorstand der Gesellschaft für Integrierte Versorgung aktiv.

Zum Nachfolger bei der KKH hat der Verwaltungsrat bereits letzten Herbst Dr. Wolfgang Matz gewählt, der bereits von 2002 bis 2011 als Ressortleiter Personal für die KKH in Hannover tätig war. Seit 2012 leitet der 48-Jährige das strategische Personalmanagement bei der TÜV Nord Group.

„Ich freue mich darauf, nach der interessanten Aufgabe beim TÜV Nord wieder zur KKH zurückzukehren, um hier eine noch verantwortungsvollere Aufgabe zu übernehmen. Aktiv an der Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung mitzuarbeiten, ist für mich eine ebenso reizvolle Aufgabe wie den Weg der KKH in eine erfolgreiche Zukunft zu gestalten“, so Matz nach seiner Wahl.

Die KKH zählt mit einem Haushaltsvolumen von nach eigenen Angaben mehr als 5,5 Milliarden Euro und rund 4000 Mitarbeitern zu den großen Krankenversicherungsträgern in Deutschland. 1,8 Millionen Menschen sind bei der Kasse versichert.

Vielen Apothekern ist Kailuweit vor allem deswegen ein Begriff, weil sich der Kassenchef immer wieder prominent über die steigenden Arzneimittelausgaben beschwert hat. Im vergangenen Jahr sagte er etwa: „Es hat nichts mit Zweckpessimismus zu tun, wenn man feststellt, dass die Arzneimittelkosten immer weiter aus dem Ruder laufen.“ Hier hat sich Kailuweit allerdings mit seiner Prognose geirrt. Der Ausgabenanstieg lag im Limit des mit den Kassen vereinbarten Rahmens.

Die KKH veröffentlicht regelmäßig zudem Zahlen, wie viel Geld ihr durch Abrechnungsbetrug entgangen ist. Im März wurde der aktuelle Bericht vorgestellt: Danach stellen Apotheker zwar unter den Leistungserbringern nicht die meisten Abrechnungsbetrüger – verursachen aber mit weitem Abstand den größten Schaden. Kailuweit selbst nahm kein Blatt vor den Mund, wenn es um den Rx-Versandhandel, den Kassenabschlag oder Retaxationen ging.

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