Hausarztvertrag

AOK klagt gegen Schiedsspruch

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Berlin -

In Bayern hakt es erneut zwischen der AOK und den Ärzten. Erst kürzlich musste ein Zwei-Millionen-Euro-Regress-Streit vor Gericht entschieden werden. Jetzt folgt der neue Vertrag zur Hausarztzentrierten Versorgung (HzV). Anfang März hatte das Bayerische Gesundheitsministerium einen entsprechenden Schiedsspruch genehmigt. Ob der Vertrag damit seit April gilt, ist offenbar unklar. Laut der Kasse trat er nicht in Kraft, da der Schiedsspruch rechtswidrig und damit unwirksam sei. Vor dem Sozialgericht München hat die Kasse Klage eingereicht. Die Parteien werfen sich gegenseitig Rechtsmissachtung vor.

Laut AOK Bayern habe die Schiedsperson zentrale Vertragsbestandteile nicht festgelegt. So sei die Anlage zur Vergütung unvollständig. Dadurch sei völlig unklar, welche Leistungen vergütet werden sollten. Ein Vertrag, der zwar eine unbestimmte Zahlungspflicht vorsehe, aber nicht regele, wofür diese Zahlung erfolgen solle, sei nicht umsetzbar.

Auch die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) habe zugestanden, dass der Schiedsspruch völlig unterschiedliche Interpretationen zulasse – für die AOK ein Zeichen, „dass die Schiedsperson ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist“. Ein rechtswidriger Schiedsspruch könne von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne gerichtliche Klärung nicht akzeptiert werden, heißt es von der Kasse.

Der Vertrag würde laut Kasse zu einer so massiven Anhebung der Vergütung führen, dass diese mit dem Sozialgesetzbuch (SGB) nicht vereinbar wäre. Insbesondere wegen der kontaktunabhängigen Pauschale sei mit einer Explosion der Einschreibungen zu rechnen, was die Ausgaben unkalkulierbar mache, sagte Ivor Parvanov, Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK Bayern. Bei dieser Pauschale könne der Arzt auch für Patienten abrechnen, die gar keine Versorgung in Anspruch genommen hätten.

Für einen eingeschriebenen Versicherten allein im Hausarztvertrag zahlt die Kasse nach eigenen Angaben im Quartal derzeit mehr als 85 Euro. Hinzu komme Honorar aus der Regelversorgung.

In anderen Bundesländern falle die Vergütung weit geringer aus: Die vergleichbare Vergütung in Nordrhein-Westfalen etwa liege nach einem Schiedsspruch bei 65 Euro, der dortige Hausärzteverband feiere das Ergebnis als Erfolg. Seit 2008 habe die AOK den bayerischen Hausärzten im Rahmen der Hausarztverträge zusätzliche Vergütungen in Höhe von annähernd 1,2 Milliarden Euro überwiesen. Bei durchschnittlich 5000 teilnehmenden Hausärzten entspreche dies gegenüber der Regelversorgung einem zusätzlichen jährlichen Honorar von 40.000 Euro je Arzt.

Dennoch will die Kasse als Kompromiss die Zusatzhonorare deutlich erhöhen. Das vorgelegte Angebot ermögliche trotz des fehlerhaften Schiedsspruchs die lückenlose Fortsetzung der besonderen hausärztlichen Versorgung.

Der BHAV weist die Kritik zurück: Der HzV auf der Grundlage des Schiedsspruchs sei am 1. April in Kraft getreten. Die Klage habe keine aufschiebende Wirkung, das werde auch durch eine aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts vom März bestätigt. „Es ist ein Skandal, dass sich die AOK Bayern als Körperschaft des öffentlichen Rechts anmaßt, selbstherrlich zu Lasten ihrer Versicherten Recht und Gesetz zu missachten und die staatliche Aufsicht öffentlich vorzuführen“, sagt Dr. Dieter Geis, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes.

Mit dem neuerlichen Angebot führe die AOK Bayern ihre „Verwirrspielchen“ fort. Die Kasse sei bereits verpflichtet gewesen, bis zum 9. März alle entsprechenden Dokumente bereitzustellen, damit sich Versicherte in den gesetzlich garantierten HzV einschreiben könnten. Dieser Verpflichtung sei sie bis heute nicht nachgekommen. „Dies stellt eine klare Missachtung des geltenden HzV-Vertrags durch die AOK Bayern dar.“

Versicherte der AOK Bayern seien damit schlechter gestellt als Versicherte anderer Kassen, die die Versorgung für alle Versicherten anböten. „Ich erwarte, dass diese gesundheitspolitische Geisterfahrt des Vorstandsvorsitzenden und der Spitze der Selbstverwaltung der AOK Bayern umgehend gestoppt wird“, so Geis.

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