GKV-Kassensturz im Herbst

Krankenkassen fordern Staatshilfe wegen Corona-Krise

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Berlin -

Wegen Zusatzausgaben und erwarteten Mindereinnahmen durch die Corona-Krise fordern die Krankenkassen staatliche Unterstützung, um nicht in Finanznöte zu geraten. Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes wurde darüber in einem Gespräch mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beraten. Die Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer sprach von einer „offenen und konstruktiven Atmosphäre“. Man sei sich einig gewesen, dass „spätestens im Herbst mit dem Bundesfinanzminister über einen höheren Bundesanteil an der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung zu sprechen sein“ werde.

In einem Positionspapier, mit dem die Kassen in das Gespräch gegangen waren, ist die Rede von Steuermitteln. Ohne gesetzliche Maßnahmen steuere das Finanzierungssystem der GKV spätestens zum Jahreswechsel auf einen existenziell bedrohlichen Liquiditätsengpass zu, heißt es darin. Es müssten zeitnah Maßnahmen ergriffen werden. Andernfalls drohten Schließungen „von Krankenkassen mit geringen Reserven“ und Beitragssteigerungen für Mitglieder und Unternehmen, „die in einer Rezession unbedingt vermieden werden sollten“.

Durch die Corona-Krise sind die Kassen mit Mindereinnahmen durch sinkende Beitragseinnahmen wegen Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit konfrontiert. Auf der anderen Seite entstehen Zusatzausgaben etwa durch die Aufstockung von Intensivbetten oder durch die Übernahme der Kosten auch für symptomunabhängige Coronatests. Allerdings sind vorübergehend auch Ausgaben gesunken, weil Operationen und Behandlungen aufgeschoben wurden. Daher ist die genaue Größenordnung der Finanzlücke nach Kassenangaben noch nicht abzuschätzen.

Nach einem Bericht des Tagesspiegels rechnen die Kassenmanager mit einem Defizit von bis zu 14,5 Milliarden Euro. Allerdings: Auf welche Zahlen sich der Bericht stützt, ist unklar. Das Papier der Kassen für das Treffen mit Spahn, das APOTHEKE ADHOC vorliegt, enthält keine konkreten Zahlen. Jedoch verweisen die Kassen darauf, dass bis zum Jahresende 2020 die Reserven von gut zehn Milliarden Euro des Gesundheitsfonds leerlaufen könnten.

Die Kassen selbst verfügen laut dem Finanzbericht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für 2019 über Rücklagen von knapp 20 Milliarden Euro – diese sind aber nach Kassenarten unterschiedlich verteilt. Die Kassen schlagen vor, den Bundeszuschuss aus Steuermittel zu erhöhen. Derzeit schießt der Bundeshaushalt 14,5 Milliarden Euro zu. Die vom Tagesspiegel bezifferten Kassendefizite werden von anderer Seite als „Glaskugel“-Zahlen eingestuft. Niemand könne derzeit eine realistische Schätzung vornehmen.

Bereits letzte Woche schlug Gesundheitsökonom Professor Dr. Wolfgang Greiner, der auch Mitglied des Sachverständigenrates des Gesundheitsministeriums ist, Alarm wegen der bevorstehenden Kostenexplosion bei den Krankenkassen nicht nur wegen der Folgen der Corona-Krise.

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel, fordert bereits, der erhöhten Finanzierungsbedarfs dürfe „nicht allein den Beitragszahlern überlassen werden, sondern muss durch Steuergelder finanziert werden“. Er könne sich hier „durchaus eine mehrjährige Ausweitung des Bundeszuschusses vorstellen“. Man könnte auch mit notwendiger „Gefahrenabwehr“ argumentieren, die Aufgabe des gesamten Staates und nicht bloß der Beitragszahler sei.

 

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