Krankenkassen

BKK täuschte mit „Variobeitrag“

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Berlin -

Über ihren Zusatzbeitrag reden Krankenkassen nicht besonders gern, weil er Versicherte abschreckt. Der Gesetzgeber hat die Kassen daher nicht ohne Grund verpflichtet, über die zusätzliche Belastung transparent zu informieren. Die Bahn BKK gab dem Kind einfach einen anderen Namen und kommunizierte einen „Variobeitrag“. Doch damit ist die Kasse vor Gericht nicht durchgekommen.

Die Bahn BKK hatte ihre Versicherten über den neuen Beitragssatz im Jahr 2015 informiert. Nach einer Erklärung, wie sich der allgemeine Beitragssatz aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zusammensetzt, folgte der Hinweis: „Zusätzlich zu diesem Beitragssatz erhebt die Bahn-BKK einen Variobeitrag in Höhe von 1,4 Prozent Ihres Einkommens.“

Mit dem Variobeitrag war eigentlich der Zusatzbeitrag gemeint, den Kassen erheben müssen, wenn sie mit den Mitteln aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. Versicherte müssen über die Erhebung oder Anpassung des Zusatzbeitrags informiert werden und haben in diesem Fall ein Sonderkündigungsrecht.

Die Wettbewerbszentrale fand die Bezeichnung Variobeitrag irreführend, weil er die tatsächliche Eigenschaft des Zusatzbeitrags verschleiere. Nach erfolgloser Abmahnung erwirkte die Wettbewerbszentrale beim Landgericht Frankfurt eine Unterlassungsverfügung, die Kasse legte Widerspruch ein.

Aus Sicht der Wettbewerbszentrale wollte die Kasse ihren Zusatzbeitrag – mit 1,4 Prozent zum fraglichen Zeitpunkt der zweithöchste überhaupt – gegenüber ihren Versicherten beschönigen. Denn „Variobeitrag“ klinge nach einem variablen Beitrag für besondere Leistungen. Beim Kassenvergleich sei das hinderlich, da der Begriff Zusatzbeitrag bei Verbrauchern inzwischen bekannt sei und dem gesetzlichen Wortlaut entspreche.

Aus Sicht der Bahn-BKK ist die Verwendung der Bezeichnung Zusatzbeitrag dagegen keineswegs gesetzlich vorgeschrieben. Da mit dem Zusatzbeitrag der Wettbewerb zwischen den Kassen gefördert werden solle, liege es nahe, dass diese auch bei der Bezeichnung individuell vorgehen könnten, so das Argument der Kasse. Zudem werde Beitrag auf der Homepage genau erklärt. Irreführend sei der Begriff auch deshalb nicht, weil der Zusatzbeitrag tatsächlich erhöht oder gesenkt werden könne.

Schon beim Landgericht verfing die Argumentation der Kasse in erster Instanz nicht: „Durch die Verwendung des Begriffs ‚Variobeitrag‘ wird gegenüber dem Verbraucher verschleiert, dass es sich hierbei um einen ‚Zusatzbeitrag‘ im Sinne von § 242 SGB V handelt“, hieß es im Urteil aus dem Juni.

Die Kasse ging in Berufung, allerdings ohne Erfolg. Das OLG Frankfurt hat die Berufung gestern zurückgewiesen, eine Begründung des Urteils steht noch aus. Prozessbeobachtern zufolge würde das Gericht den Begriff Variobeitrag zwar erlauben, allerdings nur, wenn die Kasse diesen gegenüber den Versicherten klarstellen würde, dass es sich dabei um den Zusatzbeitrag handelt. Das wäre aus Marketingsicht allerdings wenig interessant. Ohnehin ist die Bahn BKK einsichtig: Schon seit Jahresbeginn werde der Begriff nicht mehr verwendet, heißt es bei der Kasse.

In den gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätzen der Aufsichtsbehörden der Kassen ist unter anderem geregelt, wie diese über ihren Zusatzbeitrag informieren dürfen. Darin heißt es unter anderem: „Aussagen, die dazu geeignet sind, irrige Vorstellungen über das Verhältnis von allgemeinem Beitragssatz und Zusatzbeitragssatz und das Verhältnis von Pflicht- und Zusatzleistungen hervorzurufen, sind unzulässig und daher zu unterlassen.“

Die Kassen müssen zudem mit einem gesonderten Schreiben auf den Zusatzbeitrag und das Sonderkündigungsrecht hinzuweisen. Dies darf nicht der Mitgliederzeitschrift beigelegt und nur in Ausnahmen mit Werbung gekoppelt werden. Abschließend heißt es: „Krankenkassen dürfen Mitgliedern, die von ihrem Sonderkündigungsrecht in Ansehung der Erhebung oder Erhöhung des Zusatzbeitrags oder -beitragssatzes Gebrauch machen wollen, keine Geldprämien für den Fall anbieten, dass sie von einem Krankenkassenwechsel Abstand nehmen; eine solche Koppelung von ‚Halteprämien‘ und Zusatzbeiträgen beziehungsweise Beitragssätzen ist unzulässig.“

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