GKV zieht Corona-Bilanz

Krankenkassen: Auf und Ab bei Leistungausgaben

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Berlin -

Die Krankenkassen haben 2020 laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit einem Defizit von 2,65 Milliarden Euro abgeschlossen. Bei den Ausgaben gab es je nach Kategorie gegenläufig Entwicklungen, die Kosten für Arzneimittel lagen moderat über Vorjahr. Auffällig: Die Verwaltungskosten wuchsen um 4,8 Prozent und damit stärker als die Leistungsausgaben (plus 4,0 Prozent).

Insgesamt lagen die Ausgaben inklusive Zuzahlungen bei 262,6 Milliarden Euro, davon entfielen 248,7 Milliarden Euro auf die Leistungsausgaben und 11,7 Milliarden Euro auf die Verwaltungskosten und 2,2 Milliarden Euro auf sonstige Aufwendungen. Berücksichtigt man die Zuzahlungen, summieren sich die Ausgaben auf 266,8 Milliarden Euro.

Im Jahresverlauf gab es pandemiebedingt deutliche Schwankungen: Im 1. Quartal stiegen die Leistungsausgaben um 5,6 Prozent, im 2. Quartal sanken sie unter den Auswirkungen des Lockdowns um 1,0 Prozent. Im Zuge der Abflachung des Infektionsgeschehenes im Sommer stiegen die Ausgaben im 3. Quartal wiederum um 8,6 Prozent und im 4. Quartal mit dem Lockdown ab Mitte November um 3,6 Prozent an.

Ärzte: 48,5 Milliarden Euro

Im Bereich der ärztlichen Behandlung gab es mit 7,3 Prozent deutlich überproportionale Zuwächse. Da für das 2. Halbjahr noch keine Abrechnungsdaten der Ärzte vorliegen, sind diese Veränderungsraten laut BMG jedoch noch unsicher und in hohem Maße von Einschätzungen der Krankenkassen geprägt.

Kliniken: 82,2 Milliarden Euro

Bei den Krankenhausausgaben verbuchten die Krankenkassen einen vergleichsweise geringen Anstieg von rund 1,3 Mrd. Euro beziehungsweise 1,7 Prozent. Dabei ist laut BMG aber zu berücksichtigen, dass die Krankenhäuser bis Ende Dezember zusätzlich rund 9,4 Milliarden Euro aus Steuermitteln für freigehaltene Betten sowie rund 700 Millionen Euro für die Erhöhung der Kapazitäten von Intensivbetten aus Mitteln des Gesundheitsfonds erhalten haben.

Arzneimittel: 45,6 Milliarden Euro

Die Ausgaben für Arzneimittel stiegen um 5,4 Prozent. Hier haben sich laut BMG die unterjährig deutlichen Ausgabenzuwächse im Jahresverlauf abgeflacht. Dabei führte auch die Absenkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte zu Entlastungen.

Krankengeld: 16,0 Milliarden Euro

Zweistellige Zuwachsraten gab es hingegen weiterhin bei den Krankengeldausgaben mit 10,8 Prozent. Auch hier ist im Vergleich zum 1. Halbjahr mit einem Plus von mehr als 14 Prozent ein rückläufiger Ausgabenanstieg zu beobachten.

Heilmittel: 9,4 Milliarden Euro

Bei den Heilmitteln, bei denen die Ausgaben der Krankenkassen um 2,3 Prozent beziehungsweise rund 200 Millionen Euro stiegen, ist zu berücksichtigen, dass die Leistungserbringer in diesem Bereich im vergangenen Jahr aus Mitteln des Gesundheitsfonds rund 814 Millionen Euro an zusätzlichen Ausgleichszahlungen erhalten haben.

Zahnärzte: 14,9 Milliarden Euro

Während die Ausgaben für zahnärztliche Behandlung weitgehend stagnierten (+0,3 Prozent), wurde in den nachfolgenden Bereichen Ausgabenrückgänge bei den Krankenkassen verzeichnet: beim Zahnersatz (-5,2 Prozent), bei den Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen (-15,2 Prozent) sowie bei den ärztlichen Früherkennungsmaßnahmen (-2,8 Prozent). Bei den Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen wurden die Belegungsrückgänge durch Ausgleichszahlungen in Höhe von rund 335 Millionen Euro aus dem Gesundheitsfonds abgefedert.

Sonstiges

  • Hilfsmittel: 9,8 Milliarden Euro
  • Krankenpflege: 7,4 Milliarden Euro
  • Fahrkosten: 7,2 Milliarden Euro
  • Vorsorge und Reha: 3,2 Milliarden Euro
  • Schutzimpfungen: 1,7 Milliarden Euro
  • Schwangerschaft/Mutterschaft: 1,5 Milliarden Euro
  • Sonstige: 4,9 Milliarden Euro

„Die Pandemie hat auch die Entwicklung der Krankenkassen-Bilanzen im vergangenen Jahr geprägt. Die Zahlen für das letzte Jahr zeigen aber auch: Durch den zusätzlichen Bundeszuschuss und den Abbau der Finanzreserven ist es uns gelungen, dass Beitragszahler und Arbeitgeber nicht übermäßig belastet worden sind. Die Beiträge stabil zu halten – das ist auch mit Blick auf das laufende Jahr unser Ziel“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Einnahmen

Die Einnahmen der Krankenkassen, die sie in erster Linie durch vorab festgelegte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten, sind um 4,0 Prozent auf 260 Milliarden Euro gestiegen. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,3 Prozent ebenfalls einen Zuwachs von 4 Prozent auf 262,6 Milliarden Euro. Ihre Finanzreserven lagen zum Stichtag 31. Dezember bei 16,7 Milliarden Euro.

Bis auf die landwirtschaftliche Krankenversicherung (LKK), die 2020 einen Überschuss von 58 Millionen Euro erzielte, verbuchten alle Krankenkassenarten im vergangenen Jahr Defizite: Für die Ersatzkassen betrug das Minus 1,1 Milliarden Euro, für die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) 974 Millionen Euro, für die Betriebskrankenkassen (BKK) 235 Millionen Euro, für die Innungskrankenkassen (IKK) 250 Millionen Euro und für die Knappschaft 138 Millionen Euro.

Gesundheitsfonds

Das Defizit des Gesundheitsfonds in 2020 von rund 3,49 Milliarden Euro ist maßgeblich auf konjunkturbedingte Mindereinnahmen und diejenigen vom Gesundheitsfonds geleisteten Ausgleichszahlungen an Leistungserbringer zurückzuführen, die nicht vom Bund ausgeglichen werden. Die Liquiditätsreserve lag zum Stichtag 15. Januar 2021 bei rund 5,9 Milliarden Euro.

Zur Bewältigung der Corona-Pandemie wurden im vergangenen Jahr rund 12,2 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt. Hierunter fallen unter anderem Kompensationsleistungen für freigehaltene Krankenhausbetten, Ausgleichszahlungen für neu geschaffene intensivmedizinische Behandlungsmöglichkeiten, für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und für Heilmittelerbringer sowie Aufwendungen für Corona-Tests und für Schutzmasken. Davon hat der Bund rund 9,9 Milliarden Euro an den Gesundheitsfonds erstattet, darunter alleine rund 9,4 Milliarden Euro für die freigehaltenen Krankenhausbetten.

Der Zuwachs der Beitragseinahmen blieb mit lediglich 1,9 Prozent – trotz der Stabilisierung der Sozialversicherungseinnahmen durch die Regelungen beim Kurzarbeitergeld – erheblich hinter den Veränderungsraten der Vorjahre mit durchschnittlich deutlich über vier Prozent zurück. Deshalb war es wichtig, dass der Bund die Einnahmen des Gesundheitsfonds durch einen ergänzenden Bundeszuschuss in Höhe von 3,5 Mrd. Euro in der zweiten Jahreshälfte 2020 stabilisiert hat.

Weitere Entwicklung

Mit dem Maßnahmenpaket, das der Gesetzgeber Ende 2020 mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz beschlossen hatte, wurden die Voraussetzungen für eine stabile Finanzierungsgrundlage der GKV auch im Jahr 2021 geschaffen. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz 2021 wurde durch einen ergänzenden Bundeszuschuss von 5 Milliarden Euro, eine leistungsgerechte Abführung der Finanzreserven der Krankenkassen in Höhe von 8 Milliarden Euro auf 1,3 Prozent weitestgehend stabilisiert.

Obwohl zum Jahreswechsel 40 von 102 Krankenkassen ihren Zusatzbeitragssatz angehoben, zwei Krankenkassen ihren Zusatzbeitragssatz gesenkt und 60 Kassen keine Veränderungen vorgenommen hatten, ist der durchschnittlich von allen Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz mit 1,28 Prozent leicht unterhalb des vom BMG im Oktober 2020 bekanntgemachten Durchschnittswert von 1,3 Prozent geblieben.

Damit wird die vom Bundeskabinett im Juni beschlossene Sozialgarantie 2021 zur Begrenzung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags auf unter 40 Prozent im Jahr 2021 umgesetzt.

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