Preismoratorium

AOK warnt vor gierigen Herstellern

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Berlin -

Der AOK-Bundesverband warnt vor einem Wegfall des Preismoratoriums für patentfreie Medikamente: Dadurch würden Mehrkosten von rund drei Milliarden Euro im Jahr entstehen, rechnet das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) vor. Die Kasse fordert deshalb eine Beibehaltung des Preisstopps.

Ende Januar werden laut AOK erste Ergebnisse des Pharmadialogs erwartet. Martin Litsch, der designierte Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, ist nicht sehr optimistisch: „Es ist kein Geheimnis, dass die Pharmalobby am Gesetz zur frühen Nutzenbewertung für neue Medikamente sägt und auch andere Regelungen kippen will. Wenn ihr das gelingt, laufen die Ausgaben für Medikamente wieder aus dem Ruder“, warnt er.

Litsch erwartet von dem Pharmadialog „keine guten Nachrichten für die Beitragszahler“: „Nachdem die Große Koalition bereits für Krankenhäuser zusätzliche Milliarden locker gemacht hat und 2016 auch deutlich mehr Geld in die ambulante Versorgung fließt und für Heilmittel-Therapien zur Verfügung steht, ist zu befürchten, dass jetzt auch die Pharmaindustrie mit Erfolg einen ordentlichen ‚Schluck aus der Pulle‘ einfordert“, meint Litsch. Es mehrten sich die Anzeichen, dass der Pharmadialog in ein neues Pharmagesetz münde und das Preismoratorium unter Umständen vorzeitig kippen könne.

Die möglichen Folgen haben die WIdO-Forscher in einer Modellrechnung für das Bundesgesundheitsministerium (BMG) durchgespielt. „Vor dem Einfrieren der Preise hat es in dem betreffenden Marktbereich Preissteigerungen von 4 bis 6 Prozent pro Jahr gegeben“, sagt der stellvertretende WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. „Sollten die Hersteller diese Entwicklung nach acht Jahren auf einen Schlag nachholen, könnten die Preise zum 1. Januar 2018 um bis zu 48 Prozent explodieren.“

Das wäre aus seiner Sicht allerdings „politisch höchst unklug und deshalb wohl nur in Einzelfällen vorstellbar“. Das WIdO geht daher von einer moderaten Preisanpassung von etwa 2 Prozent pro Jahr aus. „Ein zweistelliger Preisanstieg Anfang 2018 wäre für die betroffenen Arzneimittel damit durchaus realistisch“, sagt Schröder.

Ein Anstieg von 10 Prozent würde jährliche Mehrausgaben von von zwei Milliarden Euro bedeuten. Bei einem Preisaufschlag von 20 Prozent wären es laut WIdO sogar 3,6 Milliarden Euro pro Jahr. Der von dem Institut berechnete „mittlere Modellkorridor“ entspricht einem Preissprung von 17 Prozent.

Für die Krankenkassen würde das Mehrausgaben von rund 3,1 Milliarden Euro bedeuten. „Drei Milliarden mehr entsprechen einem um 0,3 Prozentpunkte höheren Zusatzbeitrag“, so Litsch. „Wenn der Gesetzgeber das nicht will, muss es auch über 2017 hinaus beim Preismoratorium bleiben oder zumindest eine adäquate Alternative geben.“

Das Preismoratorium gilt inzwischen seit mehr als fünf Jahren für alle Medikamente ohne Patentschutz, die zu Lasten der Kassen verordnet werden und damals bereits auf dem Markt waren. Bezugspreis war der 1. August 2009. „Der Preisstopp wurde von der damaligen CDU/CSU/FDP-Bundesregierung eingeführt, um den dramatischen Anstieg der Arzneimittelausgaben zu bremsen“, so Litsch.

Das Preismoratorium sollte dem AOK-Chef zufolge gelten, bis die Einsparungen durch das AMNOG wirken. „Von zwei Milliarden Euro Einsparungen pro Jahr ist die Politik ausgegangen“, sagt Litsch. Doch 2014 hätten die Einsparungen mit 443 Millionen Euro noch nicht einmal ein Viertel des anvisierten Zieles erreicht. Hinzu komme, dass Pharmafirmen die Preise im ersten Jahr noch selbst bestimmen können. „Viele Hersteller schöpfen so im ersten Jahr das Maximum ab“, kritisiert Litsch.

Vor diesem Hintergrund sei das Preismoratorium im März 2014 bis Ende 2017 verlängert worden. Aus Sicht von Schröder gab es dafür gute Gründe: „Die Bundesregierung hat Ende 2013 vorerst auf die zunächst ebenfalls vorgesehene Nutzenbewertung für den Bestandsmarkt verzichtet.“ Patentgeschützte Medikamente, die vor 2011 auf den Markt gekommen seien, würden nicht daraufhin geprüft, ob sie den Patienten tatsächlich mehr nutzten als andere und ob sie tatsächlich ihren hohen Preis wert seien.

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