Die DAK-Gesundheit bietet ihren Versicherten einen neuen Service an: „DAK-Arznei-Spezial“. Patienten, die mehrere Arzneimittel gleichzeitig nehmen, können damit ihre Medikation überprüfen lassen. Das sollen die Ärzte vor Ort übernehmen. Die Apotheker sind bei dem Projekt außen vor.
Die Kasse hat ihre Versicherten im Januar über das neue Programm informiert: „Auch wenn Sie einzelne Medikamente gut vertragen, können sie sich gegenseitig beeinflussen“, erklärt die DAK in dem Schreiben. Die Wirkung werde verändert oder sogar aufgehoben. „Nur Fachleute wie Ihr Hausarzt können beurteilen, wann dies geschieht.“
Tatsächlich ist eine Beteiligung der Apotheker nicht vorgesehen: „In erster Linie sehen wir bei den Ärzten die Verantwortung für eine rationale und stimmige Arzneimitteltherapie“, erklärt eine Kassensprecherin. Seien aufgrund von Wechselwirkungen Therapieumstellungen notwendig, müssten diese schließlich vom Arzt vorgenommen werden. „Auch wenn natürlich Apotheker über ein erhebliches Wissen zu Wechselwirkungen von Arzneimitteln verfügen, haben wir uns entschlossen, dieses Programm über die Hausärzte laufen zu lassen“, so die Sprecherin.
Allerdings haben diese im Zweifelsfall gar keinen Überblick: „Haben Sie verschiedene Ärzte, die Ihnen Medikamente verschreiben? Kaufen Sie zusätzlich Präparate in Apotheken, Drogerien und Supermärkten?“, fragt die DAK die Patienten. Dann nämlich könne der Hausarzt gar nicht genau wissen, welche Medikamente eingenommen würden. Hier soll der neue Service ansetzen, der sich an Patienten richtet, die fünf oder mehr Medikamente einnehmen.
Die Versicherten können bei der DAK eine Medikationsliste anfordern und erhalten dann eine Übersicht mit allen rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Diese sollen sie um rezeptfreie Arzneimittel ergänzen. „Ihr Arzt prüft mit Ihnen gemeinsam, ob Sie alle Medikamente gleichzeitig einnehmen können“, heißt es in dem Schreiben an die Versicherten. Für sie ist der Service kostenlos.
Die Vergütung der Ärzte hat die DAK mit den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) verhandelt – mit unterschiedlichem Ergebnis. „Beim überwiegenden Teil gibt es keine extra Vergütung“, so die Sprecherin. Über die Honorare des anderen Teils schweigt sich die Kasse aus.
Dr. Ronald Meurer, Apotheker bei der DAK, erklärte im Herbst in dem Versichertenmagazin „fit!“: „Unser Praxistest hat gezeigt, dass die Ärzte bei einem Drittel der Patienten die Medikation nach dem Prüfen des Plans umstellen.“ Wechselwirkungen seien also keine Seltenheit und müssten ernst genommen werden. Die DAK empfiehlt ihren Versicherten, die Liste im Portemonnaie aufzubewahren. „Dann ist sie bei jedem Arztbesuch dabei und kann überprüft werden, bevor ein neues Medikament verordnet wird.“
Die ABDA hat stets betont, dass es für die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) Arzt und Apotheker braucht. „Jeder soll das tun, was er am besten kann. Ärzte sind die Experten für die Diagnose und Therapie; Apotheker sind die Experten für Arzneimittelversorgung“, sagte Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), zuletzt. Es gebe immer weniger Praxen für Allgemeinmedizin und die verbleibenden Hausärzte sollten nicht noch stärker belastet werden als bisher.
Die Knappschaft-Bahn-See (KBS) bietet seit Anfang 2012 Medikationschecks durch Hausärzte an. Bisher wurden rund 21.000 Versicherte ausgewählt, die bei der hausarztzentrierten Versorgung oder beim Gesundheitsnetz Prosper/Pro Gesund mitmachen. Ärzte erhalten für die Leistung ein Honorar zwischen 80 und 160 Euro. Die Höhe hängt etwa vom Zeit- sowie Beratungsaufwand ab. Die Mediziner müssen den Aufwand mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abrechnen.
Ähnlich funktioniert das Konzept der AOK Rheinland/Hamburg. Die Kasse wählt potenzielle Teilnehmer in der Region Nordrhein aus und informiert die Mediziner. Wie viele Checks bereits durchgeführt wurden, war auf Nachfrage nicht zu erfahren. Vor anderthalb Jahren hatten rund 800 Hausärzte die Medikation von 1200 AOK-Versicherten überprüft. In jedem zweiten Fall sei der Medikationsplan daraufhin umgestellt worden. Dass die Kasse das Thema bei den Ärzten am besten aufgehoben sieht, hat mit der Vielzahl der Beteiligten zu tun: Laut AOK werden Patienten im Durchschnitt von bis zu vier Apotheken versorgt.
Für Privatversicherte bieten AXA und Gothaer gemeinsam mit der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft (HÄVG), ein Dienstleistungsunternehmen des Hausärzteverbands, bundesweit einen Arzneimittelservice für Privatversicherte an. Aktuell nehmen rund 4000 Ärzte teil. Der Vertrag läuft seit 2012 und ist bundesweit einheitlich. Ärzte können knapp 90 Euro abrechnen.
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