Krankenhausstrukturgesetz

KBV: Keine Zwangspraxen für Notdienst

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Berlin -

Die Kassenärzte wehren sich gegen Pläne der Bundesregierung, die Kliniken im Notdienst auf ihre Kosten zu entlasten. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) soll die ambulante Notfallversorgung neu geregelt werden; vorgesehen sind unter anderem sogenannten Portalpraxen, die die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) an den Kliniken einrichten und bezahlen sollen.

Ein Eckpunkte-Papier der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum KHSG sieht Portalpraxen als erste Anlaufstelle für Notfallpatienten in den Krankenhäusern. Auf diese Weise sollen die Notaufnahmen entlastet werden. Ist das nicht möglich, sollen die KVen die Krankenhausambulanzen in den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst einbinden – sprich aus ihrem Topf bezahlen.

Auf einer Sondersitzung sprach sich die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) heute gegen diese geplanten Änderungen aus, da sonst in Zukunft alleine die niedergelassenen Haus- und Fachärzte die politisch gewollten Preissteigerungen der Krankenhausambulanzen bezahlen müssten. „Darüber hinaus tragen die Vertragsärzte das gesamte Mengenrisiko, insbesondere das durch mangelnde Erfahrung und Qualifikation bedingte Unwirtschaftlichkeitspotenzial der im Wesentlichen durch Ärzte in Weiterbildung geleisteten Notfallversorgung der Kliniken, zumal es nach wie vor keine sinnvolle Patientensteuerung gibt.“

Jeder Patient, der in Zukunft als „Notfall“ in eine Klinikambulanz oder Praxis komme, müsse „zu jeder Uhrzeit zum vollen Preis vergütet werden“. „Dadurch schafft der Gesetzgeber ein völlig neues System mit fatalen Folgen für die haus- und fachärztliche Grundversorgung.“ Die Bundesregierung scheine sich endgültig vom Grundsatz „ambulant vor stationär“ zu verabschieden und ein gigantisches Projekt der Fehl- und Überversorgung staatlich organisiert anschieben zu wollen, heißt es in der Resolution.

In einem Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatten die Ärztevertreter bereits am Montag darauf hingewiesen, dass vielerorts unter der Verantwortung der KVen gut funktionierende Strukturen für die ambulante Notfallversorgung betrieben würden – sowohl an vertragsärztlichen Einrichtungen, Eigeneinrichtungen der KVen als auch an im Verbund mit Krankenhäusern betriebenen Notfallpraxen an Krankenhäusern oder in deren Nähe. „Diese funktionierenden Strukturen dürfen nicht durch eine Zwangsregelung zur Einrichtung vorgesehener 'Portalpraxen' an jedem Krankenhaus gefährdet werden.“

Die KBV-Spitze hatte klare Spielregeln für die Einrichtung neuer gemeinsamer Strukturen für die Notfallversorgung „an der ambulant-stationären Schnittstelle“ gefordert. Die Einrichtung einer Portalpraxis sollte nach einer positiven Bedarfsprüfung erfolgen, also nur, wenn diese wirklich benötigt wird. Zudem plädieren KBV und KVen in dem Schreiben dafür, diese so weiterentwickelten Strukturen für die ambulante Notfallversorgung in den regionalen Honorarverträgen angemessen zu berücksichtigen.

„Ohne eine geeignete Patientensteuerung wird das gesetzliche Vorhaben zu massiven Fehlverteilungen in der Patientenversorgung und Leistungsvergütung führen“, heißt es in dem Anfang der Woche verbreiteten Schreiben. Studien zufolge haben die stationären Behandlungen mit dem durch das Krankenhaus deklarierten Aufnahmegrund „Notfall“ seit 2009 um rund 20 Prozent zugelegt, heißt in dem Brief. Fast acht Millionen der insgesamt 18 Millionen stationären Krankenhausbehandlungen würden jährlich unter dieser Begründung aufgenommen.

Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) hatten die Krankenhäuser neue Kompetenzen für die ambulante Versorgung bekommen; unter anderem war eine bessere Verzahnung des Notdienstes beschlossen worden. Die Kliniken hatten mehr Geld gefordert: Für einen ambulanten Notfall würden durchschnittlich 32 Euro erstattet, dem stünden aber Kosten von mehr als 120 Euro gegenüber, kritisierte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, anlässlich der Veröffentlichung eines Gutachtens zur ambulanten Notfallversorgung.

Gröhe sprach sich beim Ärztetag für eine bessere Honorierung der Notdienste aus; die KBV wollte die Kliniken aber nicht aus ihrem Budget bezahlen. Für sie ist der Vorstoß ohnehin ein weiterer Schritt auf dem Weg der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung.

Außerdem wurde auf der KBV-Sitzung über eine Satzungsänderung abgestimmt. Mit dem GKV-VSG war beschlossen worden, dass in der Vertreterversammlung der KBV künftig über hausärztliche Belange nur die Vertreter der Hausärzte, über fachärztliche Belange nur die Vertreter der Fachärzte abstimmen sollen. Bei gemeinsamen Abstimmungen sind die Stimmen so zu gewichten, dass insgesamt eine Parität der Stimmen zwischen Vertretern der Hausärzte und Vertretern der Fachärzte besteht.

Ob es sich ausschließlich um hausärztliche oder fachärztliche Belange handelt, soll ein Ausschuss soll dann darüber entscheiden. Für die KVen ist diese Regelung nicht vorgesehen. Als Stichtag war der 1. November vorgesehen.

Bereits im September 2015 hatte ein entsprechender Satzungsbeschluss nicht die nach dem Gesetz erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten. Wie die Ärzte Zeitung berichtet, wurde der Vorschlag auch diesmal mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Stattdessen wurde ein Vertrauensausschuss eingerichtet, der das Klima innerhalb der KBV verbessern soll.

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