GKV: Diffamierung als Strategie? dpa, 05.09.2014 14:53 Uhr
Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, ist empört über die Forderungen der Krankenkassen, im Zuge der anstehenden Krankenhausreform überflüssige Häuser zu schließen. „Hierhinter steckt eine politische Strategie. Die politische Strategie liegt in der Diffamierung der Krankenhäuser und ihrer Leistungen“, sagte er. Letztlich versprächen sich die Kassen von dieser Strategie einen finanziellen Zugewinn.
Der Konflikt zwischen Kassen und Krankenhäusern ist bezeichnend für die von Bund und Ländern ins Auge gefasste Strukturreform der Klinikversorgung. Er zeigt, dass es um viel Geld geht. Seit langem gibt es Kritik an den Krankenhäusern: zu viele Operationen, zu kurze Heilungszeiten, Qualitätsprobleme und anderes.
Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, räumt Schwierigkeiten ein. Doch sieht er sie anderswo: „Wir haben gravierende Probleme in unseren Notfallambulanzen. Das kann jeder täglich beobachten, wenn er am Abend oder am Wochenende medizinische Hilfe braucht.“
Bei der Vorstellung einer gemeinsamen Resolution von DKG, BÄK und Deutschem Pflegerat rechnet Baum in Berlin vor, in den vergangenen sieben Jahren habe sich eine Personalkostenlücke von 3,5 Milliarden Euro aufgetan und eine Investitionslücke von mindestens drei Milliarden Euro. Die Krankenhäuser seien seit langem massiv unterfinanziert.
Die Krankenkassen sind für die Leistungshonorierung zuständig, die Länder für Investitionen in die Immobilien. Da die Länder ihren Zahlungsverpflichtungen nicht in vollem Umfang nachkommen, müssen Krankenhäuser dies teils aus den Zuweisungen der Kassen für die Behandlungen bestreiten.
Die Krankenkassen kritisieren indessen, dass mit Blick auf einen Umbau der bundesweiten Klinikstruktur zu wenig geschehe. In einer von ihnen kürzlich veröffentlichten Studie wird bemängelt, dass wesentlich weniger Kliniken geschlossen würden als offiziell angegeben.
Das Statistische Bundesamt gehe zwischen 2003 und 2012 von einem Rückgang der Zahl der Krankenhäuser um insgesamt 204 auf 2017 aus. Nach einer Studie im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes haben dagegen nur 74 tatsächlich völlig aufgegeben. Einige Häuser seien etwa von anderen Trägern übernommen worden, oder zumindest ein Teil der Betten.
Die Studie kommt zu der Erkenntnis: Die Schließung eines Krankenhauses werde nach Möglichkeit vermieden – auch wenn es unwirtschaftlich ist und für die Versorgung der Bevölkerung unnötig. Vor allem öffentliche Träger und die zuständigen Politiker täten sich aus wahlstrategischen Erwägungen schwer, Krankenhäuser ganz zu schließen. Es werde „um nahezu jeden Preis“ an dem Haus festgehalten.
Vor diesem Hintergrund arbeiten Bund und Länder an einer Krankenhausreform, die zu mehr Qualität und zugleich billigeren Leistungen der Kliniken führen soll. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll ihre Arbeit bis Ende des Jahres abgeschlossen haben.
Die Krankenhausärzte hoffen, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Zeit der großen Koalition nutzt, um eine vernünftige Reform hinzubekommen. „Aus der Reform darf kein Reförmchen werden“, mahnt Montgomery.