Krach um Zyto-Vergütung Désirée Kietzmann und Patrick Hollstein, 20.01.2009 18:51 Uhr
Ein einträgliches Geschäft war bislang die Herstellung von Zytostatika-Rezepturen für die ambulante Versorgung. Rund 350 öffentliche sowie gut die Hälfte der 460 Krankenhausapotheken widmen sich in Deutschland der aufwändigen Arbeit. Vor allem bei der Verarbeitung von Fertigarzneimitteln beklagen die Kassen jedoch seit längerem die fehlende Transparenz bei der Abrechnung. Nun soll mit der Novellierung des Arzneimittelgesetzes (AMG) die Preisbildung neu geregelt werden.
Abgerechnet wird nach der zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und den Krankenkassen ausgehandelten Hilfstaxe: Je Rezeptur zahlt die Kasse eine Pauschale von 53 Euro sowie für alle verwendeten Fertigarzneimittel einen Aufschlag von 3 Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis (AEP). Auf dem Rezept wird mittels Sonder-PZN abgerechnet.
Nach den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sollen künftig nur die „tatsächlich entstandenen Kosten“ bei der Zytostatika-Zubereitung berechnet werden. Insbesondere „Kostenvorteile durch Teilmengen von Fertigarzneimitteln“ sind demnach zu berücksichtigen. Außerdem sollen die Kassen den Herstellerrabatt auf die verwendeten Fertigarzneimittel erhalten.
Kritik am Referentenentwurf kam vom Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA), dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) sowie der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Denn die Klinikträger rechnen im ambulanten Bereich nicht nach Hilfstaxe, sondern auf der Grundlage bilateraler Verträge mit Krankenkassen ab. Andererseits beliefern seit einiger Zeit auch Klinikapotheken externe Schwerpunktpraxen mit Zytostatika-Rezepturen.
Der Verband der zytostatikaherstellenden Apotheken (VZA) sowie die ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände halten den Vorschlag schlicht für nicht umsetzbar. Denn laut BMG müssten die PZN der verwendeten Arzneimittel auf dem Rezept aufgedruckt werden.
Bleiben beispielsweise aus einer Rezeptur Anbrüche übrig, kann der Apotheker diese in Zukunft nicht weiter verwenden. Andererseits könnten die Apotheken keine größeren Packungen für mehrere Rezepturen aufteilen, da auf dem Rezept - auch zur Berechnung des Herstellerrabatts - die PZN des tatsächlich verwendeten Arzneimittels abgedruckt werden müsste. Teilmengen lassen sich ebenfalls nicht getrennt abrechnen. Die mitunter wirtschaftlichere Verwendung von Bündelpackungen wäre damit nicht mehr möglich.
Auch technisch gibt es Schwierigkeiten: So sei zum Beispiel der Aufdruck von PZN bei Rezepturen, bei denen mehrere Wirkstoffe und Hilfsmittel gemischt werden, nicht möglich. Denn auf der Vorderseite der Rezeptformulare gibt es nur drei Zeilen.
Während die ABDA - zumindest mit der Beschränkung auf Zytostatika-Rezepturen - generell zu einer Umstellung bereit ist und eine Übergangsfrist zur technischen Umsetzung fordert, lehnt der VZA die Novellierung grundsätzlich ab.
Die zytostatikaherstellenden Apotheken sehen weitere Gefahren: Durch die Ausweisung der verwendeten Fertigarzneimittel müssten sie eventuelle Rabattverträge mit den Herstellern bedienen - und damit den gleichen Wirkstoff je nach Krankenkasse von unterschiedlichen Firmen beziehen.
Eine Änderung in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) könnte die zytostatikaherstellenden Apotheken ebenfalls treffen: So ist vorgesehen, dass künftig auch private Krankenversicherungen Vereinbarungen zur Abrechnung analog zur Hilfstaxe treffen können. Dies könnte herbe Umsatzeinbußen mit sich bringen, denn bisher gilt für PKV-Patienten der Rezeptur-Festzuschlag nach AMPreisV von 90 Prozent.