Dass Ärzte schon mal von einer Klinik zur nächsten wechseln, gehört zum Berufsalltag von Medizinern. In Berlin gab es kürzlich aber einen spektakulären Vorgang: Eine ganze Krankenhausabteilung kündigte ihrem bisherigen Arbeitgeber und heuerte bei einer Konkurrenz-Klinik in der Bundeshauptstadt an. Für den Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, Wolfgang Albers (Die Linke), ist dies laut RBB Inforadio ein außergewöhnlicher Schritt. Den Verlust medizinischer Fachkompetenz könne man „nicht schönreden“. Die Verantwortlichen müssten sich fragen lassen, ob alles getan wurde, um „einen solchen Aderlass“ zu verhindern.
Der Sachverhalt: Am Berliner Auguste-Viktoria-Klinikum des Krankenhauskonzerns Vivantes hat ein Großteil der Belegschaft des Fachbereichs für Infektiologie gekündigt und wechselte geschlossen an das St. Joseph-Krankenhaus in Tempelhof. Die bestätigte die Sprecherin des St. Joseph-Krankenhauses gegenüber dem Inforadio. So werden elf Ärzte und 27 Pflegekräfte, die bisher für Vivantes im Schöneberger Auguste-Viktoria-Klinikum arbeiten, zum 1. April eine neue Abteilung für Infektiologie am St. Joseph-Krankenhaus aufbauen. Dort werden sie schwerpunktmäßig HIV-Patienten behandeln, aber auch andere virale und bakterielle Infektionen, zum Beispiel Patienten mit multiresistenten Keimen.
Das St. Joseph-Krankenhaus sprach laut RBB Inforadio von einer guten Ergänzung für die eigenen Schwerpunkte wie Nierenheilkunde und Onkologie. Diese Patienten seien besonders infektionsanfällig. Außerdem bildeten Ansteckungen mit multiresistenten Keimen eine große Herausforderung. Die neue Abteilung mit einem erfahrenen und spezialisierten Team aufbauen zu können, nannte die Sprecherin eine „große Bereicherung“.
Dem Bericht zufolge verlassen die Ärzte und Pflegekräfte Vivantes unter anderem aus Protest gegen immer schlechtere Arbeitsbedingungen. Im St. Joseph könnten sie mit einem besseren Betreuungsschlüssel für die Patienten arbeiten. Vivantes wollte sich auf Anfrage von Inforadio nicht zu Personalangelegenheiten äußern, teilte aber mit, die Klinik für Infektiologie „stelle sich neu auf“. Das Auguste-Viktoria-Klinikum werde aber auch weiterhin HIV-Patienten behandeln.
Der Berliner Gesundheitspolitiker Albers bezweifelte aber, dass kirchliche Krankenhäuser bessere Arbeitsbedingungen bieten. „Bisher sind die konfessionellen Träger des St. Joseph Krankenhauses nicht gerade dadurch aufgefallen, dass sie besonders günstige Tarifbedingungen anbieten oder deutlich bessere Arbeitsbedingungen. Da bin ich mal gespannt, ob sich die Kolleginnen und Kollegen wirklich auf längere Sicht einen guten Dienst erwiesen haben.“
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