Kommentar

Apotheken angezapft

, Uhr
Berlin -

Die erste Tankstelle der Welt war eine Apotheke: Als der

Automobil-Hersteller Benz Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Autos

produzierte, gab es Benzin und Petroleum nur aus der Offizin. In der

Zwischenzeit hat sich das bekanntermaßen geändert, nur das

Bundesinnenministerium (BMI) hat diesen Wandel wohl noch nicht

begriffen: Zu meinen, Tankstellen hätten eine ähnlich wichtige Funktion

für die flächendeckende Versorgung wie Apotheken, ist grotesk.

Mit dem Vergleich zieht das BMI seinen Widerspruch gegen den vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegten Entwurf zur Notdienstpauschale geradezu ins Lächerliche: Denn eigentlich gibt es genügend objektive und sachliche Gründe, Daniel Bahrs Vorschlag abzulehnen. So sind die Apothekerkammern keine Kassenärztlichen Vereinigungen (Kven): Ihnen fehlt der gesetzliche und rechtliche Rahmen, Gelder an ihre Mitglieder zu verteilen.

Auch die Kritik an der vom BMG vorgeschlagenen Finanzierungsbasis ist formal nicht von der Hand zu weisen: PKV-Unternehmen und die Beihilfe können vom Bund nicht einfach zu Zahlungen verdonnert werden, von denen ihre Mitglieder keinen neuen Nutzen haben. Denn: Durch die Pauschale verbessert sich die Arzneimittelversorgung nicht.

Allerdings trägt die Pauschale dazu bei, dass der Notdienst für die Apotheker mit weniger Verlust verbunden ist. Und das ist der Unterschied zu Tankstellen: Diese sind nicht wie Apotheken gesetzlich dazu verpflichtet, einen 24-Stunden-Service anzubieten. Als wirtschaftlich frei handelndes Unternehmen könnten sie ihre Zapfsäulen nachts auch schließen. Zudem müssen die Betreiber nicht rund um die Uhr Akademiker beschäftigen, um der Bevölkerung in Notsituationen weiterzuhelfen.

Da hilft auch nicht der konstruierte Einschub des BMI, dass Tankstellen schließlich das Benzin für Rettungsfahrzeuge zur Verfügung stellten. In den meisten Fällen betanken Feuerwehr, Polizei und Co. ihre Autos nämlich selbst.

Wenn man also der Meinung ist, dass der Apothekennotdienst eine Selbstverständlichkeit sein sollte, dann kann man das einfach sagen. Dann reicht ein kurzer Einzeiler: „Ich, der Bundesinnenminister, übernehme im Arzneimittelbereich keine Verantwortung für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
„Irgendwann bricht es zusammen“
Notdienst: Inhaber warnt vor Versorgungsnotstand
75 Prozent der Anfragen sind wichtig
Notdienst: Spritze für Turnschuhe gefordert
Mehr aus Ressort
Petition mit namenhafter Unterstützung
85.000 Unterschriften gegen Lieferengpässe
Klosterfrau-CEO zum Vorsitzenden gewählt
Pharma Deutschland gründet Landesverband Brüssel
Weiteres
Aktuell keine Beeinträchtigungen
E-Rezept: Erneut TI-Störung bei Arvato»
Probleme bei Noventi-Kunden
E-Rezept: Störung wegen Update»
Petition mit namenhafter Unterstützung
85.000 Unterschriften gegen Lieferengpässe»
Klosterfrau-CEO zum Vorsitzenden gewählt
Pharma Deutschland gründet Landesverband Brüssel»
„Redundante Einheiten“ im Gesundheitsministerium
USA: Kennedy streicht 10.000 Stellen»
Schaden über 1,5 Millionen Euro
Paxlovid: Inhaberin und Ehemann verurteilt»