Die Apotheker sind als Wähler der Union eine echte Bank. Sechs von zehn würden CDU oder CSU ihre Stimme geben. Auf den ersten Blick überraschend ist ein anderes Ergebnis. Die Linke ist nicht unbedingt die Partei der selbstständigen Besserverdiener. Trotzdem liebäugeln nicht wenige Apotheker mit den Linken. Und das ist gar nicht so abwegig, kommentiert Alexander Müller.
Die FDP hat ihren Titel „Apothekerpartei“ an der Garderobe abgegeben. Nicht erst – wie sie meint – mit ihren Parteitagsbeschlüssen zum Fremdbesitzverbot, sondern schon während ihrer vorerst letzten Regierungsbeteiligung. Beim Parteitag haben die Liberalen die schon gestörte Beziehung mit ihren Beschlüssen zur Aufhebung des Fremdbesitzverbots weiter vergiftet. Die Apotheker fühlten sich mit dem AMNOG von den Liberalen getäuscht, eine moderate Honoraranpassung konnte daran nichts ändern.
Und die einstige „Apothekerpartei“ hat ihr Stammklientel nachhaltig verstört. Als die FDP 2013 aus dem Bundestag flog, weinten die Pharmazeuten ihr keine Träne nach. Sollten die Liberalen – und danach sieht derzeit es aus – den Wiedereinzug schaffen, wird dies nicht an den Apothekern liegen. Von ihnen haben sogar 2013 noch mehr für die FDP gestimmt als es heute tun würden.
Nein, die Sympathien in der Offizin sind klar verteilt. Mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sind die Apotheker recht zufrieden und mit der Regierungsarbeit der Union insgesamt auch. Dass dies nicht auf den Koalitionspartner SPD abfärbt, hat mit Sicherheit viel mit dem verhinderten Rx-Versandverbot zu tun. Doch auch schon davor war es nie eine Liebesbeziehung. Zu oft hat SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gegen die Apotheker geschossen, zu unklar hat sich die Partei in der Frage des Fremdbesitzverbots positioniert. Die Apotheker wissen, dass eine Öffnung des Marktes für Kettenkonzerne nicht an den Sozialdemokraten scheitern würde.
Und bei den Grünen versteht bis heute niemand, was sie gegen die inhabergeführte Apotheke haben. Lokal verwurzelte, engagierte Einzelunternehmer, die viele Arbeitsplätze für Frauen und in Teilzeit garantieren sind eigentlich das perfekte Klientel. Doch mit Ausnahme der ehemaligen NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens haben die Apotheker wenig Freunde in der Ökopartei – und umgekehrt. Die neuen Köpfe in der Fraktion gefallen sich zwar nicht mehr so sehr in der Provokation wie früher Biggi Bender, doch an der Politik und den Kettenträumen hat sich auch nach deren Abgang wenig geändert.
Wen also sollen die Apotheker wählen, deren Herz nicht unbedingt für die Union schlägt? Die AfD? Diesen Ausweg dürften Anstand und Bildung der allermeisten Pharmazeuten versperren. Also bleibt unter den Parteien mit ernsthaften Aussicht auf den Bundestag nur Die Linke. In Apothekenfragen ist die Partei seit Jahren an der Seite der Betroffenen – für das Fremdbesitzverbot, gegen ausufernde Ausschreibungen, für ein Rx-Versandverbot. Argumentativ kommen die Linken von der Patientenseite, aber das kann den Apothekern egal sein, denn gegen deren Interessen haben sie auch nichts.
Nach der unangefochtenen Union trauen die Apotheker laut der aktuellen APOSCOPE-Wahlumfrage nur den Linken zu, sich für ihre Belange einzusetzen. Demnach würden aktuell sogar mehr Apotheker Die Linke wählen, als die SPD. Den gesundheitspolitischen Teil des Wahlprogramms würden die meisten Pharmazeuten vermutlich sofort unterschreiben: mehr Personal im Gesundheitssystem sowie eine Stärkung der ambulanten Versorgung etwa.
Die Auflösung des PKV-Systems als Vollversicherung ist sicher eine Gretchenfrage. Und dass sich Die Linke mit den Arzneimittelherstellern anlegt und die „Macht der Pharmaindustrie brechen“ möchte, könnte bei den Pharmazeuten vielleicht auch Skepsis auslösen. Dabei sollten die Apotheker aber bedenken, dass auch im Gesundheitswesen jeder Euro nur einmal ausgegeben und sie in der öffentlichen Wahrnehmung für gestiegene Arzneimittelausgaben mit in die Haftung genommen werden, obwohl sie nur sehr eingeschränkt davon profitieren.
Die meisten Wähler fällen ihre Wahlentscheidung freilich aus mehreren Motiven, weshalb Die Linke auch in der Offizin „nur“ bei 8,5 Prozent landet. Schöne Versprechungen im Parteiprogramm wie höhere Löhne und niedrigere Mieten, trockengelegte Steueroasen und ein Verbot von Rüstungsexporten finden zweifellos Unterstützung in der Mehrheit der Bevölkerung wie in der Offizin.
Der Vorbehalt gegenüber der Linkspartei ist regelmäßig, wie die Partei ihre Bildungskonzepte und sonstigen Investitionen in öffentliche Einrichtungen finanzieren will. Auch Apotheker fürchten, Opfer einer Umverteilung zu werden. Zumindest das politische Programm gibt das derzeit nicht her. Oder anders gesagt: Apotheker, die finanziell in diesen Spähren etwaiger Betroffenheit unterwegs sind, würden sowieso nie Die Linke wählen. Denen wäre es aber auch mindestens egal, wenn eine Ampel-Koalition das Fremdbesitzverbot aufheben würde.
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