Hamburgs Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen hat überraschend seine Kandidatur für die ABDA-Präsidentschaft zurückgezogen. Der Kurzzeit-Kandidat begründet seinen Schritt mit der aktuellen politischen Lage der Apothekerschaft nach dem EuGH-Urteil: Jetzt brauche es eine geschlossene Front der berufsständischen Vertreter, so Siemsen. Das ist ehrenwert, aber auch ein bisschen feige. Ein Kommentar von Lothar Klein.
So überraschend wie seine Kandidatur für das höchste ABDA-Amt kommt jetzt der Rückzug im Wettbewerb um das Präsidentenamt. Mitten in der politischen Auseinandersetzung um das Rx-Versandverbot will der Hamburger die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände nicht mir einer Personaldiskussion belasten. Das sind ehrenhafte Gründe für die Preisgabe seiner Ambitionen. Respekt.
Vielleicht hat Siemsen aber auch eine günstige Gelegenheit genutzt, um ohne Blessuren aus dem aussichtslosen Rennen um die ABDA-Präsidentschaft auszusteigen – last Exit Siemsen.
Die mit viel Engagement und Schwung gestartete Kandidatur Siemsens war spätestens auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) ins Stottern geraten. Siemsens Performance und Argumentation boten keine überzeugende Alternative zu Amtsinhaber Friedemann Schmidt. Der Herausforderer konnte die Hauptversammlung der Apothekerschaft nicht nutzen, seine Ambitionen für das höchste ABDA-Amt zu untermauern. Der Verlauf der Diskussion muss Siemsen seine nur geringen Chancen auf einen Sieg gegen Schmidt deutlich vor Augen geführt haben. Wenn es überwiegend um politische Stilfragen und weniger um inhaltliche Kurswechsel geht, hat es jeder Herausforderer schwer.
Obwohl Siemsens Kandidatur jetzt zu den Akten gelegt werden kann, bleiben die damit aufgeworfenen Kritikpunkte aktuell. Führungsschwäche und mangelnde Durchsetzungsfähigkeit lauteten Siemsens Hauptargumente gegen ABDA-Präsident Schmidt. Auch wenn die ABDA jetzt mit ihrer Kampagne für ein Rx-Verbot mit ihren Mitteln auf das EuGH-Urteil reagiert, ist aus Schmidt über Nacht kein anderer Präsident geworden. Die aktuelle ABDA-Kampagne kann nicht über die zurückliegenden Versäumnisse der ABDA-Führung hinwegtäuschen.
Wer hat die lässige, an Überheblichkeit grenzende Sicherheit zu verantworten, mit der die ABDA in den vergangenen Monaten den EuGH-Prozess begleitet hat? Schmidt und seine Hauptamtler im Apothekerhaus haben alles auf eine Karte gesetzt – auf ein Urteil gegen DocMorris – und jetzt mit Pauken und Trompeten verloren. Dass die ABDA ihre aktuelle Kampagne in der Schublade liegen hatte, sagt nichts über die tatsächliche Vorbereitung, über einen Plan B für den eingetretenen Ernstfall aus.
Jetzt setzen die ABDA und Schmidt erneut alles auf eine Karte – auf das Rx-Versandverbot. Das mag die Apotheker vor Ort beeindrucken. Ob es politisch klug ist, steht auf einem anderen Blatt. Es ist noch nicht lange her, da hat selbst Friedemann Schmidt seinen grundsätzlichen Frieden mit dem Versandhandel von Arzneimitteln gemacht. Jetzt das Segment der verschreibungspflichtigen Medikamente wieder herauszubrechen, wird vermutlich scheitern – spätestens wenn sich die EuGH-Richter erneut mit diesem Thema befassen müssen.
Nicht allzu sehr verlassen sollte sich die ABDA auf die wohlgefälligen Lippenbekenntnisse der Gesundheitspolitiker vor allem aus den Reihen der Union. Wer genau hinhört, dem wird die Zurückhaltung von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auffallen.
Gröhe hat die ABDA-Delegation bei ihrem Besuch nach Alternativen zum Rx-Versandverbot befragt – und keine Antworten erhalten. Und dann wäre da noch die SPD. Trotz der üblichen Stimmenvielfalt stehen dort die Signale nicht auf Rot für den Rx-Versandhandel.
Also: Mit dem Rückzug von Siemsens Kandidatur ist Friedemann eine Sorge los. Wie lange die ihn jetzt umgebende Geschlossenheit von Kammern und Verbänden in der EuGH-Krise hält, bleibt abzuwarten. Die Wagenburgmentalität wird rasch wieder zerbrechen, wenn das Rx-Versandverbot scheitert. Dann wird man vermutlich auch in der ABDA nach Verantwortlichen und Alternativen suchen.
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