Kommentar

Selbsthilfegruppe Lieferengpass

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Berlin -

Die Regierung bleibt sich treu: Auch beim Pharmadialog bleiben die Apotheker auf ihrem Platz am Rand sitzen. Von den heute verkündeten Ergebnissen sind sie allenfalls indirekt betroffen. Unmittelbar wirksame Maßnahmen wie eine Aufhebung der Importquote oder substanzielle Änderungen bei den Rabattverträgen stehen nicht auf der Agenda. Von den Ergebnissen können sie zumindest teilweise trotzdem profitieren. Ein Kommentar von Alexander Müller.

Die Erwartungen der Apotheker, beim Pharmadialog berücksichtigt zu werden, war groß, nachdem sie sich beim GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) und E-Health-Gesetz nicht durchsetzen konnten. Beim Deutschen Apothekerverband (DAV) hatte man auf mehr Honorar gehofft. Dass es vor allem um Belange der Industrie geht, steckt aber schon im Titel der Veranstaltung. Zwar habe man sich bewusst nicht nur mit den Kosten befasst, sondern die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick genommen, hieß es bei der Vorstellung. Doch die zentralen Punkte betreffen die Hersteller – und auf Kostenseite die Krankenkassen.

Während der vier Dialogrunden hatte sich immer deutlicher abgezeichnet, um welche Themen es Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ging. Etwa die Frage nach den Erstattungspreisen, die Krankenkassen und Pharmaindustrie gleichermaßen unter den Nägeln brennt. Oder das Problem der Antibiotika-Resistenzen, dass so sehr brennt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) es beim nächsten G7-Gipfel auf die Tagesordnung setzen lässt.

Hier ist die Auslassung der Apotheker fast schon auffällig, wenn man den Blick durch die Lieferkette schweifen lässt: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wird zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Bundesärztekammer (BÄK) sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gezielt Informationen für Ärzte und Patienten bereitstellen, um den Einsatz von Antibiotika besser zu steuern und so die Entstehung von Resistenzen zu verringern. Die Industrie verpflichtet sich, diese Initiativen zu unterstützen.

Gröhe erklärte das bei der Vorstellung genauer: Wenn man von der Industrie einfordere, viel mehr Geld in die Erforschung neuer Antibiotika zu stecken und dann möglichst wenig davon zu verkaufen, dann sei das „kein leicht von der Hand zu gehendes Businessmodell“. Solche „Reserve-Antibiotika könnten aber bei der Einordnung in Festbetragsgruppen freigestellt werden. Eine gute Idee. Der Minister verlangt insgesamt eine ressortübergreifende Zusammenarbeit und internationales Commitment zum Einsatz, etwa von Indien oder anderen G20 Staaten.

Alle müssten mitmachen. Fast alle. Es fängt Gröhe zufolge beim Arzt an, der nicht sofort ein Antibiotikum verschreibt, nur weil die Eltern über ihr weinendes Kind klagen. Denn nach zwei Tagen gehe es dem Kind wieder besser und das Antibiotikum werde abgesetzt: „Das sind dann gleich zwei Beiträge zur Resistenzbildung“, so der Minister. Spätestens beim Thema Therapietreue hätten den Dialogpartner die Apotheker einfallen können.

Politische Unterstützung könnte es endlich bei den Lieferengpässen geben. Allerdings klingt das alles eher vage: „Die pharmazeutische Industrie verpflichtet sich, durch weitere Optimierung ihrer Prozesse und des Qualitätsmanagements zu einer Verbesserung der Versorgungssituation beizutragen.“ Das beinhalte eine „frühzeitige Information“. Erst wenn das nicht greift, wird das BMG „prüfen, ob eine gesetzliche Meldepflicht eingeführt werden muss“. Irgendwie schwingen Begriffe wie „Wiedervorlage“ oder „in den Ausschuss verwiesen“ bei dieser Lösung mit.

Denn eine Hauptursache für die Lieferengpässe wird nicht angefasst, jedenfalls nicht hart: die Rabattverträge. Zwar sollen die Kassen künftig früher vor Start der Verträge ihre Zuschläge erteilen, aber auch dabei ist lediglich von „möglichst sechs Monaten“ die Rede. Lieferengpässe und Ausfälle gibt es jedoch während der Vertragslaufzeit immer wieder.

Ein größeres Übel sind Exklusivverträge, bei denen der einzige Rabattpartner ausfällt. Laut Branchenverband Pro Generika betrifft dies immer noch knapp die Hälfte der Fachlose. Hierzu richten die Dialogpartner aber nur zarte Appelle an die Krankenkassen: Sie wollen sich in Gesprächen dafür einsetzen, dass diese die Liefersicherheit durch Mehrfachvergaben stärken. Das Ergebnis dieser Gesprächsrunden kann man wohl vorwegnehmen: „Das kostet zu viel.“ Gröhe selbst hatte in seinem Statement auf jene 3,6 Milliarden Euro verwiesen, die die Rabattverträge allein 2015 eingespart hätten. Das werde sicher auch in Zukunft so sein.

Eine Forderung der Standesvertretung der Apotheker wurde im Rahmen des Pharmadialogs wenigstens diskutiert: Die Importquote sollte mit Verweis auf die Fälschungsproblematik aufgehoben werden. Doch dagegen gab es offenbar Vorbehalte aus dem Kanzleramt. Jedenfalls wird die Importquote mit dem Pharmadialog nicht angefasst, was gar nicht alle Apotheker schlimm finden. Immerhin sind die Margen in diesem Segment gar nicht so schlecht. Beim Kampf gegen Fälschungen setzt die Regierung unter anderem auf Securpharm – und da sind die Apotheker sogar mit von der Partie.

Die Resonanz auf die Ergebnisse des Pharmadialogs bewegen sich im Rahmen des Erwartbaren: Die Opposition ist enttäuscht, den Kassen geht alles nicht weit genug und die Hersteller befürchten zu strenge Regeln bei der Nutzenbewertung. Von den Apothekern steht eine Stellungnahme noch aus. Heißt ja auch Pharmadialog.

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