Kommentar

Payer, Player, Spender

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Berlin -

Berlin feiert sich und die AOK feiert mit. Das ist auch vollkommen in Ordnung. Aber muss sich eine AOK Baden-Württemberg unter den Sponsoren einer Polit-Party in der Hauptstadt wirklich in die erste Reihe stellen? Es geht gar nicht so sehr ums Geld – 20.500 Euro sind für eine Kasse mit einem jährlichen Etat von 12,7 Milliarden Euro eher Peanuts. Verstörend ist vielmehr das offenbarte Selbstverständnis einer regionalen Krankenkasse.

Gerade die AOK Baden-Württemberg hat seit 2007 einen zuweilen anstrengenden Schub für ihr Selbstbewusstsein erfahren: Mit den Rabattverträgen knechten die Stuttgarter die komplette Generikaindustrie. Nach dem Wandel vom „Payer zum Player“ gönnt sich die Kasse jetzt mal wieder das Payer-Image.

Und es würde sich auch niemand beschweren, wenn die Kasse den Politikern „Quittenboullion mit Petersilieneis“ spendieren würde, wenn das „Vive la Freundschaft!“ Motto der Stallwächterparty auch in anderen Bereichen Einzug halten würde. Aber es ist die gleiche AOK, die Apotheken wegen Centbeträgen retaxiert und bei jeder Sparmaßnahme auf die einzig schützenswerten Interessen der Versicherten verweist.

Die AOK betont – angesprochen auf ihr Sponsoring – vermutlich nicht ohne Grund den Gesundheitsbezug ihres Auftritts. Aber einen Null-Promille-Cocktailstand auf einem Sommerfest als Präventionsleistung verkaufen? Das ist eine sehr weite Auslegung des Sozialgesetzbuchs, dem zufolge Kassen das Geld ihrer Versicherten nur zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben ausgeben dürfen.

Aus welchen Mitteln die Spende finanziert wurde, bleibt im Dunklen. Die AOK weicht hartnäckig Fragen aus, in welchem Geschäftsbereich der Posten verbucht wurde. Normalerweise fallen Ausgaben dieser Art unter Marketing – das sich aber an die eigenen oder potentielle Versicherte richten sollte.

Deshalb fragen sich auch Vertreter anderer Kassen, warum die AOK als Sponsor das Regionale hervorhebt, statt als bundesweite „Gesundheitskasse“ aufzutreten. Nicht ohne Unmut verfolgt die Konkurrenz im Kassenlager, dass der AOK Baden-Württemberg von ihrer Aufsicht im Ländle so manches durchgelassen wird, wofür andere schon Post vom Bundesversicherungsamt bekommen hätten.

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