Das Zuweisungsverbot gehört zu den schwammigsten und am wenigsten verständlichen Regelungen in der Apothekenwelt. Es bestreitet sicher niemand, dass es zum Auftrag eines Heilberuflers gehört, einem hilfsbedürftigen Menschen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen – doch mindestens genauso präsent ist die Angst vor dem Verlust der Unabhängigkeit und vor Netzwerken, die sich gegenseitig Patienten zuschieben.
Die oberste Prämisse im Gesundheitswesen ist die Versorgung und der Schutz der Patienten – oder sollte es zumindest sein. Deshalb gibt es so viele Regelungen: Rezepte sind essenziell, Apotheken dürfen nur von Apothekern geführt werden, Arzneimittel sollen überall gleich viel kosten – und Rezepte sollen nicht zugewiesen werden.
Dass das Zuweisungsverbot dem Patienten nützt, ist mitunter schwer zu vermitteln. Wie soll der Arzt der Mutter mit dem kranken und schreienden Kind, die einfach nur die nächste Apotheke sucht, verständlich machen, dass er ihr keine nennen darf? Wie soll man bewerten, wann ein „hinreichender Grund“ gegeben ist? Laut Bundesgerichtshof ist Bequemlichkeit keiner. Der Patient müsste schon mindestens gehbehindert sein, um eine Empfehlung zu rechtfertigen – oder einfach ihr Smartphone zücken.
In solchen Fällen scheint das Zuweisungsverbot nicht nur überholt, sondern sogar patientenfeindlich. Und so könnte man lautstark dessen Abschaffung fordern – doch es gibt halt auch die andere Seite: Apotheker, die Ärzten die Mieten erlassen, oder Unternehmen, die Patienten noch im Krankenbett abfangen und einer bestimmten Apotheke zuschleusen. Und das hat mit Patientensicherheit nichts mehr zu tun.
Natürlich müssen die Patienten dem Ganzen zustimmen und haben noch die Wahl, sich ihr Rezept aushändigen zu lassen und ihr Wahlrecht auszuüben. Allerdings kommt der Vorschlag, diese oder jene Apotheke zu nutzen, von ihrem Arzt. Dem Halbgott in Weiß, dem sie mitunter nicht mal relevante Fragen zu ihrer Therapie stellen, weil sie zu viel Respekt haben.
Darum muss – und damit ist man wieder beim Patientenschutz – sichergestellt werden, dass die Empfehlung, die man bekommt, immer eine Berechtigung hat. Etwa weil sich die Apotheke spezialisiert hat, weil sie einen Mitarbeiter mit Fremdsprachenkenntnissen beschäftigt oder weil sie besonders gut versorgt. Aber eben nicht, weil sich der Inhaber besonders gut mit dem Arzt versteht oder sie als einzige Apotheke in der Umgebung frankierte Umschläge in die Praxis liefert.
Denn sonst werden auch anderen Formen der Zuweisung Tür und Tor geöffnet: Dann würde der Rezeptdrucker in der Apotheke statt in der Praxis im ersten Stock stehen. Doch Patienten sollten sich immer frei fühlen, in die Apotheke zu gehen, die ihnen als die Richtige erscheint und in der sie sich gut aufgehoben fühlen – auch oder gerade weil der Apotheker dem Arzt schon mal ordentlich die Meinung gesagt hat.
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