Das Rx-Versandverbot als Antwort auf das EuGH-Urteil vom 19. Oktober ist gescheitert. Beim Koalitionsgipfel gab es dazu keine Einigung: Die SPD blieb beim Nein zum Rx-Versandverbot. CDU/CSU wollten sich vorerst nicht auf einen Kompromiss einlassen. Vielleicht ist jetzt der Weg frei für eine realistischere Politik. Auch die ABDA sollte sich neu orientieren, kommentiert Lothar Klein.
Der Kampf gegen die politischen Windmühlen ist vorbei: Am Ende ist es so gekommen, wie es von Anbeginn absehbar war. In der Regierungskoalition gibt es keine Mehrheit für ein Rx-Versandverbot. Daran haben auch Tausende Briefe von Apothekern und 1,2 Millionen Unterschriften nichts geändert. Es lag nicht daran, dass der politische Druck nicht groß genug gewesen wäre. Die Argumente und die Begründung des Rx-Versandverbotes waren nicht ausreichend.
Schon vor dem EuGH ist die Bundesregierung Arm in Arm mit der ABDA gescheitert, weil sie nicht darlegen konnte, dass die Lockerung des Arzneimittelpreisrechts automatisch zum Massensterben von Apotheken in Deutschland führt. Das Bundesgesundheitsministerium hat in seinem Gesetzentwurf für diese These keine Belege nachliefern und auch die europarechtlichen Zweifel nicht ausräumen können.
Man kann der ABDA keinen Vorwurf machen, dass sie alles auf die Karte Rx-Versandverbot gesetzt hat. Spätestens seitdem Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sich an die Spitze der Bewegung gesetzt hat, gab es keinen Ausweg mehr. In einer politischen Notgemeinschaft haben sich ABDA und Gröhe Seite an Seite in eine Sackgasse manövriert. In den Rücken fallen konnte die ABDA dem „Apothekenminister“ nicht mehr.
Als Nebeneffekt hat die ABDA in den letzten Wochen in den Publikumsmedien immerhin so ihren Ruf als machtvolle Lobbygruppe bestätigten und stärken können. Kaufen kann sich sich dafür aber nichts. Jetzt steht sie vorerst mit leeren Händen da. Auch für Gröhe wird es nicht leicht werden, ohne Ansehensverlust aus der Gemengelage zu entkommen. Jetzt haben die Fraktionen das Thema endgültig übernommen.
Wenn Politik wie immer behauptet mit der Betrachtung der Realitäten beginnt, ist es jetzt höchste Zeit, eine andere Strategie einzuschlagen. Nach Lage der Dinge wird die Bundestagswahl im Herbst keine politische Konstellation hervorbringen, die ein Rx-Versandverbot durchsetzen will und kann: Eine absolute Mehrheit der Union ist ebenso unwahrscheinlich wie ein Koalition aus Union und Linkspartei. In allen anderen denkbaren Bündnissen findet sich keine Mehrheit dafür.
Allerdings gibt es parteiübergreifende Mehrheiten für eine grundlegende Reform des Apothekenhonorars. Auch die ABDA hat in Person von DAV-Chef Fritz Becker diese Notwendigkeit betont. Auf Zeit dabei spielen sollte die ABDA dabei nicht. Das 2hm-Gutachten zum Apothekenhonorar ist bezahlt und kommt im Herbst.
Es wäre ratsam, wenn die ABDA zuvor eigene Vorschläge präsentierte. Der erste Aufschlag bietet auch in der Politik die Chance zum Punktgewinn. Wer abwartet, gerät nur zu leicht in die Defensive. Der kommende Apothekertag im September kurz vor der Bundestagswahl böte die Gelegenheit für eine ABDA-Honoraroffensive.
Die zu Ende gehende Wahlperiode hat doch eines gezeigt: Immer wenn die ABDA mit gut begründeten und nachvollziehbaren Argumenten auftrat, hat sie ihre Forderungen durchsetzen können. Das Rezeptur- und BtM-Honorar wurde erhöht und die Ausschreibungen zur Zytostatikaversorgung und Impfstoffe gestoppt. Das sind Erfolge, die sich sehen lassen können – vor allem für DAV-Chef Fritz Becker.
Auf dem politischen Parkett ist ABDA-Präsident Friedemann Schmidt weniger gelungen. Beim Zukunftsthema Medikationsmanagement wurden die Apotheker abgehängt und beim Rx-Versandverbot hat aller Einsatz nichts bewegt. Die ABDA muss jetzt gut überlegen, ob es politisch klug ist, in den anstehenden Wahlkämpfen wegen der Rx-Versandverbot-Pleite gegen die SPD zu mobilisieren. Rache ist immer ein schlechter Ratgeber. Im politischen Schmollwinkel gibt es nichts zu gestalten und zu gewinnen.
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