Fliege und Arschgeweih Patrick Hollstein, 29.07.2013 11:40 Uhr
Wenn man über Andere spricht, erzählt man immer auch etwas über sich selbst. Das ist das implizite Element der Sprache. Wenn sich Professor Dr. Karl Lauterbach also über die SPD-Wähler auslässt, so ist das weniger dumm oder taktlos, sondern vielmehr aufschlussreich. Denn wenn die SPD eine erklärte Prolo-Partei ist, dann kann es letztendlich auch mit ihren Spitzenkandidaten nicht allzu weit her sein.
Angenommen die Aussage, SPD-Wähler seien bildungsfern und müssten abgeholt werden, stimmt, so ist Lauterbachs Aussage doch schlichtweg: Seht her, wir von der SPD-Spitze sind so unberechenbar, dass niemand vor uns sicher ist – nicht einmal unsere eigene Wählerklientel. Keine guten Aussichten für den Fall eines Regierungswechsels. Den Apothekern – mithin keine erklärte Zielgruppe der Sozialdemokraten – hatte Lauterbach ja schon mehrfach signalisiert, dass mit ihm kein ehrliches Geschäft zu machen wäre.
Geht man dagegen davon aus, dass Hartz-IV-Empfänger doch mit Handys umgehen können und gelegentlich sogar zu Hause anzutreffen sind, dann bekennt Lauterbach dem Grunde seiner Äußerung nach, dass bei ihm und auch insgesamt in der SPD-Spitze gelegentlich einfach nur Murks erzählt wird. Das wäre zwar keine neue Erkenntnis, aber genauso traurig.
Spannend ist aber auch, was Lauterbachs Äußerungen über seine Partei und ihre Führung aussagen: Weil uns nur der Pöbel wählt, hat man uns an die Spitze gestellt, ist eine mögliche Interpretation. Weil wir an der Spitze sind, kann uns eigentlich nur noch der Pöbel wählen, die andere. Das würde die rüden Töne von Steinbrück, Lauterbach & Co. erklären. Professor hin, Finanzexperte her: Wir sind doch genauso schlicht wie Ihr, Genossen.
Nach dieser Logik hätte Lauterbach seine Thesen eigentlich auf RTL2 unters Volk bringen müssen: Der Schattenminister auf Wählerfang bei „Frauentausch“ oder „Mitten im Leben“. Doch stattdessen ließ er sich, sichtlich nervös auf seinem Stuhl windend, von einem zu Höchstform aufgelaufenen Markus Lanz ausholen. Am Ende schnappte die Falle zu: „Wir haben ja auch noch andere Wähler“, rutschte es Lauterbach raus. Was ist das eigentlich für ein krudes Verständnis von einer Volkspartei? Die SPD hätte Besseres verdient!