Kommentar

Lauterbach: Das gezielte Risiko

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Berlin -

Peer Steinbrück holt sich Prominenz in sein Kompetenzteam: Professor Dr. Karl Lauterbach – der Mann mit der Fliege – ist der vielleicht bekannteste Gesundheitspolitiker der Republik. Seine Nominierung ist beides: logisch und riskant.

Lauterbach hat in Aachen und Texas Medizin studiert und promoviert, in Harvard folgte ein Abschluss als Gesundheitsökonom. Innerhalb der SPD ist er der unbestrittene Experte für Gesundheitspolitik, war sogar sechs Jahre lang Mitglied im Sachverständigenrat.

Lauterbach kann aber nicht nur fachlich versiert über Gesundheitsthemen referieren, sondern auch und vor allem polemisieren. Das ist wichtig im Wahlkampf. Gerade als Gegner der jungen und medienaffinen Gesundheitsexperten der politischen Konkurrenz braucht die SPD Lauterbach. In Talkrunden hat sich der 50-Jährige schon öfter mit Minister Daniel Bahr (FDP) und Jens Spahn (CDU) duelliert.

Seine Schlagfertigkeit, die unverwechselbare Tonlage gemischt mit einer professoralen Überheblichkeit dürften Lauterbach bei der Wahl ins Kompetenzteam den Vorzug gegenüber anderen Experten der Sozialdemokraten gebracht haben. Eine Dr. Carola Reimann ist zwar ebenfalls sehr versiert – hat aber weniger Glamour als Lauterbach.

Doch der Professor ist auch ein Risiko für die SPD: Er gilt als eigenwillig, unbeherrschbar. Nicht jeder ist davon überzeugt, dass er sich wirklich in ein Kabinett einfügen könnte. Zumal seine politische Karriere eher kurz ist: Lauterbach wurde 2005 erstmals in den Bundestag gewählt.

Angreifbar ist Lauterbach auch wegen seiner Nebentätigkeiten: Der Klinikkonzern Rhön zahlte ihm im vergangenen Jahr 64.000 Euro als Aufsichtsratsmitglied. Lauterbach nahm an elf Sitzungen des Gremiums teil, zu dem unter anderem die Bertelsmann-Chefin Dr. Brigitte Mohn zählt.

Was haben die Apotheken von Lauterbach zu erwarten? Ein 2005 von ihm geleitetes Kölner Institut hatte eine Studie veröffentlicht, die für den Einsatz von Blistern in der Arzneimittelversorgung geworben hatte.

Zu den Hochzeiten der Kettendebatte hatte sich der SPD-Politiker mehrfach für eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots ausgesprochen – gegen die offizielle Linie seiner Partei. Zuletzt hatte er sich etwas versöhnlicher gezeigt: Doch eine klare Absage an Apothekenketten ist weder von ihm noch von Steinbrück zu bekommen. Vielleicht wird sich Lauterbach als „Gesundheits-Schattenminister“ zu dem Thema auslassen.

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