Einer fehlt in der NRW-Connection im Bundesgesundheitsministerium (BMG): Jens Spahn. Der CDU-Gesundheitsexperte wurde bei der Neubesetzung des Ministeriums nicht bedacht. Auch Generalsekretär seiner Partei darf der 33-Jährige vorerst nicht werden. Für Spahn muss das kein Nachteil sein.
Die Bundestagswahl lief gut für Spahn. Er holte zum vierten Mal in Folge sein Direktmandat in Steinfurt/Borken und durfte dann für die Union sogar die Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Gesundheit leiten. Schließlich verständigte er sich – auf Drängen der Parteispitze – mit SPD-Unterhändler Professor Dr. Karl Lauterbach auf einen Kompromiss bei der künftigen GKV-Finanzierung.
Beide – Lauterbach und Spahn – wären gerne Bundesgesundheitsminister geworden. Doch die SPD-Spitze soll kein besonders großes Interesse an dem Ressort gezeigt haben. Und Lauterbach war wohl auch kein Kandidat aus der ersten Reihe, „nicht ministrabel“ raschelte es aus der Partei.
Und die Union? Nach der Wahl 2009 wollte Kanzlerin Angela Merkel das BMG nicht haben, jetzt bezeichnet die CDU das Haus als Zukunftsressort. Der bisherige Generalsekretär Hermann Gröhe wird für den erfolgreichen Wahlkampf mit dem Ministerposten belohnt. Das ist eine von Merkels Überraschungen.
An seiner Seite steht ein zweiter Mann aus NRW: Karl-Josef Laumann bekommt den neu geschaffenen Posten als Pflegebeauftragter der Regierung. Nach dem Abgang von Kanzleramtschef Ronald Pofalla bleibt der NRW-Landesverband durch dieses geschickte Überraschungsmanöver am Kabinettstisch. Mit Laumann, dem „Arbeiterführer der CDU“, hat Merkel zudem ein sozialpolitisches Gegengewicht zu der starken NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) geschaffen.
Die NRW-Karte hätte allerdings auch Jens Spahn spielen können, der aus dem Münsterland kommt und von allen Kandidaten die größte Fachkompetenz mitgebracht hätte. Warum es für ihn nicht einmal zum Staatssekretär gereicht hat, ist eine der großen Fragen der Kabinettsbildung.
Spahn ist zwar durch sein selbstbewusstes Auftreten und seinen offensiven Umgang mit den Medien nicht überall in seiner Partei beliebt – aber wer ist das schon? Vielleicht ist es dem Jungpolitiker auf die Füße gefallen, dass er mitten in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD eine Gesprächsrunde mit den Grünen ins Leben gerufen hat.
Der Vorstoß „CDU2017“ der Parteijugend kam vielleicht auch zum falschen Zeitpunkt: Die Große Koalition wurde als „Bündnis auf Zeit“ diffamiert, Spahn und Philipp Mißfelder waren die Rädelsführer. Solche Leute kann man in der Regierung nicht gut gebrauchen.
Denkbar ist aber auch, dass Spahn auf den Posten als Staatssekretär verzichtet hat, nach dem Motto: ganz oder gar nicht. Als Minister hätte er sich profilieren können, als Parlamentarischer Staatssekretär ist das immer schwierig: Von der eigenen Fraktion abgeschnitten kann dieser Job im Ministerium zwischen Arbeitsebene und Ressortchef mühsam bis ungemütlich werden. Besonders viel Glamour bietet das Amt jedenfalls nicht. Und darauf zu setzen, im Falle einer Kabinettsumbildung wie zuletzt Daniel Bahr auf den Chefsessel nachzurücken, ist eine sehr gewagte Wette.
Spahn wird also voraussichtlich gesundheitspolitischer Sprecher bleiben und in der Fraktion die Gesundheitspolitik beherrschen. Das gleiche gilt für Lauterbach. Zu den zahlreichen spannenden neuen Aufgaben Gröhes wird es gehören, diese beiden Köpfe in die Arbeit der Großen Koalition zu integrieren.
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