Kommentar

Gutes Dumping, böses Dumping

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Berlin -

Rabattverträge führen planmäßig zu einem Verfall der Preise – und entlasten entsprechend das Sozialsystem. Damit der Wettbewerb nicht überhitzt, müssen die Angebote zumindest auskömmlich sein. Das Bundeskartellamt – also die Hüter des fairen Wettbewerbs – hat nun allerdings Dumpingpreise erlaubt. Die Unternehmen müssen nur klarmachen, woher sie ihr Geld stattdessen bekommen wollen, und dürfen nicht zu groß sein.

Das Verbot von Dumpingpreise hat gute Gründe: Der Markt soll vor sich selbst geschützt werden – einerseits sollen große Anbieter keine Monopolstellung erreichen können, andererseits sollen sich kleine Unternehmen nicht übernehmen und vom Markt verschwinden. Deshalb sollte sich das Verbot an alle Unternehmen gleichermaßen richten.

Formal enthalten auch Ausschreibungen für Rabattverträge einen Schutz vor allzu niedrigen Preisen. Erscheint einer Kasse das Angebot eines Herstellers unauskömmlich, darf sie nachforschen und den Bieter gegebenenfalls auch ausschließen. Bis eine Krankenkasse nachfragt, muss allerdings schon viel passieren – bei Rabattverträgen über Generika gab es schließlich sogar Rabatte von mehr als 100 Prozent mithilfe einer Mehrwertsteuerrückerstattung. Kassenmitarbeiter machten sich teilweise einen Spaß daraus, den Maximalrabatt in der neuen Ausschreibung richtig zu tippen.

Eigentlich ganz schön also, wenn der Krankenkasse ein besonders niedriges Angebot überhaupt auffällt und der Kandidat ausgesiebt wird. Allerdings liegen dem wohl vor allem taktische Erwägungen zugrunde: Würde sie den Bieter nicht selbst ausschließen, könnte unterlegene Unternehmen Protest einreichen und die Vergabe so noch weiter verzögern. Und auch aus einem zweiten Grund steht die Opferrolle der Kasse schlecht: Denn ihre Rabattpolitik hat überhaupt erst dazu geführt, dass sich Hersteller gezwungen fühlen, Preise anzubieten, die nicht einmal die eigenen Kosten decken.

Indem das Bundeskartellamt dem Hersteller recht gibt, unterstützt es die Sparpolitik der Kassen. Dass durch den Preisvorteil nicht nur ein Unternehmen bevorteilt, sondern auch alle Mitbewerber, die bei der Arzneimittelherstellung nicht draufzahlen wollen oder können, benachteiligt werden, scheint die Wettbewerbshüter nicht zu stören. Nach dieser Logik könnte man auch neu gegründeten Taxiunternehmen erlauben, die Geschwindigkeitsgrenzen zu überschreiten – damit sie in einem hart umkämpften Markt Fuß fassen können.

Auf solche Art in den Wettbewerb einzugreifen, würde wohl in keinem anderen Gesellschaftsbereich akzeptiert. Doch im Gesundheitsmarkt hat sich der Sparwahn offenbar schon in allen Instanzen verfestigt. Wie sonst ließe sich begründen, warum man einem Arzneimittelherstellern erlaubt, was jedem Bauunternehmer verboten wäre?

Dabei rückt immer mehr das Sparen vor die Versorgung, wie sich auch bei Hilfsmittelverträgen oder Retaxationen zeigt. Die langfristigen Folgen scheinen die Beteiligten nicht zu sehen: Denn kein Unternehmen hat ein Interesse daran, nicht kostendeckend zu arbeiten – mit unverschämt billigen Angeboten werden andere Ziele verfolgt.

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