Die geplante AMG-Novelle soll Online-Ärzten wie DrEd den Garaus machen: Rezepte, die ohne persönlichen Kontakt zum Patienten ausgestellt werden, dürfen in Apotheken künftig nicht mehr eingelöst werden. Weil sich die Ärzte im Ausland nicht an die deutschen Regeln halten, sollen es nun die Apotheker vor Ort richten. Ob sich das Problem so lösen lässt, darf bezweifelt werden. Am Ende kommen die Rezepte aus England und die Tabletten aus den Niederlanden.
Internetseiten, bei denen man einen Fragebogen ausfüllt und ein Rezept erhält, waren Ärzten, Gesundheitspolitikern und Apothekern in Deutschland schon lange ein Dorn im Auge. Als es die „Pille danach“ im Herbst 2013 kurzzeitig über DrEd und Ordermed gab, gab es zahlreiche Proteste. Der damalige Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) nahm sich der Sache an. Im Koalitionsvertrag einigten sich Union und SPD zwei Monate später auf eine gesetzliche Klarstellung.
Die soll nun kommen. Ganz gelöst ist das Problem allerdings nicht, denn es wird für den Gesetzgeber zunehmend schwieriger, der Versorgung Herr zu bleiben. Digitalisierung und Internationalisierung machen den Aufsichtsbehörden das Leben schwer. Also wollen es sich die Politiker einfach machen: Wenn man Ärzte in England nicht zu greifen bekommt, sollen die Apotheker aufpassen – und womöglich sanktioniert werden.
Die Kontrolleure hinken hinterher, wie sich an DrEd zeigt: Das Angebot gibt es bereits seit 2011, zwei Jahre später hatte sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Meinung dazu gebildet und erst jetzt wird eine Gesetzesänderung angegangen, die Klarheit bringen soll. Auch ausländische Versandapotheken sollen sich an die deutschen Regelungen halten. Die geplante Vorgabe im Arzneimittelgesetz (AMG) würde als Marktverhaltensregel auch für sie gelten. Soweit die Theorie.
Wie weit die deutschen Vorgaben für ausländische Versender und die Wirklichkeit auseinanderliegen, zeigen die zahlreichen Verfahren gegen DocMorris. Die Preisbindung wurde höchstrichterlich abgesegnet, nur hält sich die Tochter von Zur Rose eben nicht daran. Die Versandapotheke hat sogar ein Verfahren vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebracht.
Wenn man die Patienten wirklich vor sich selbst schützen will, reicht es nicht aus, die Regeln gegenüber denjenigen zu verschärfen, die sie ohnehin einhalten. So ist der jetzige Plan auch eine Bankrott-Erklärung: Wenn die Apotheke vor Ort keine Online-Rezepte mehr annehmen darf, werden es die Kunden eben online versuchen.
So kommt auch die Gesundheitspolitik an ihre Grenzen. Wer auf die Entwicklungen im Ausland keinen Einfluss nehmen kann, der muss sich abschotten – also den Versandhandel aus dem Ausland verbieten. Oder dafür sorgen, dass die Einhaltung der Maßstäbe auch gewährleistet werden kann. Oder den Patienten vom Sinn und Zweck der Regelungen und dem Nutzen der Versorgung vor Ort überzeugen. Und nicht DocMorris & Co. als Innovationen feiern.
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