Puh, geschafft. Hat der Arzt bei seinen persönlichen Angaben auf dem Rezept geschludert, dürfen diese künftig in der Apotheke ergänzt werden, ganz ohne Rücksprache und Freigabe. So hat es sich die ABDA gewünscht – auch wenn den Kassen damit ein neuer Grund für Retaxationen geschenkt wurde. Jetzt muss das Beste daraus gemacht werden.
Seit einem Jahr sind Vorname und Telefonnummer auf dem Rezept Pflicht. Das soll Apothekern bei Zweifeln oder Nachfragen die Kontaktaufnahme erleichtern. Weil aber immer wieder Ärzte den Dr. als Vornamen tragen und ihre Telefonnummer nicht rausrücken wollen, sollen nun die Apothekenmitarbeiter die fehlenden Daten selbst ergänzen dürfen.
Laut Verordnungsentwurf von Gesundheitsminister Hermann Gröhe soll so vermieden werden, dass Rezepte Extrarunden drehen. So weit, so gut. Nur: Wem nützt es, wenn ausgerechnet diejenigen, die von der Regelung profitieren sollen, die Angaben nachtragen?
Keine Frage: Den Kassen. Die müssen den Arzt zwar weder anrufen noch duzen. Doch geht den Apotheken künftig ein Rezept ohne diese wichtigen Angaben durch, ist die Verordnung unvollständig und kann retaxiert werden. Von Arztnummer, -unterschrift etc. ganz abgesehen.
So ist die neue Regelung ein weiteres Beispiel für Gröhes Sozialgesetzkosmetik. Denn dass Apotheker die fehlenden Daten ergänzen können, ist längst in einigen Lieferverträgen vorgesehen. Jetzt aber können die Kassen „scharf stellen“ und ihre Prüfstellen einmal mehr auf die rechte untere Ecke auf dem Rezept ansetzen.
Es wird spannend, welche Retaxgründe sich die Kassen jetzt einfallen lassen. Ein Buchstaben- oder Zahlendreher kann womöglich teuer werden, ein vergessener Zweitname oder Präfix genauso. Und was, wenn Länderkennung oder Ortsvorwahl fehlen? Vielleicht lassen besonders pfiffige Kassen sogar abgleichen, ob der Arzt wirklich in der Nähe der Apotheke sitzt und ob tatsächlich regelmäßig Rezepte aus der Praxis bedient werden. Da bekommt der Begriff Plausibilitätsprüfung eine ganz neue Bedeutung.
Vermutlich war von Gröhes Ministerialbeamten einfach nicht zu erwarten, dass sie die unpraktikable Regelung – so wie unlängst bei den verschreibungs-, aber nicht apothekenpflichtigen Medizinprodukten – nach kurzer Zeit komplett zurückziehen. Zumal die Telefonnummer auf EU-Ebene längst vorgesehen ist.
So müssen die Apotheker das Beste draus machen und hoffen, dass der Stempelretax in den Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband ausgeschlossen wird. Mit etwas lobbyistischem Geschick ließe sich sogar ein Präzendenzfall konstruieren: Wer Vornamen ergänzen darf, der kann auch Dauerverordnungen korrigieren. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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