Kommentar

Gemein-gefährlicher Gabriel

, Uhr
Berlin -

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) will den Apothekern vielleicht mehr Geld geben. Zunächst aber soll das Apothekenhonorar erforscht werden. Am Ende dieser vermutlich hochwissenschaftlichen Analyse soll nicht bloß eine Zahl für das Fixhonorar stehen, sondern womöglich eine ganz neue Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Das ist gemein. Und gefährlich. Ein Kommentar von Alexander Müller.

Im besten Fall bekommen die Apotheker am Ende dieser mathematischen Schaffensperiode des BMWi tatsächlich mehr Geld und neue Vergütungsformen – wenn auch mit zwei Jahren Verspätung. Es ist schwer vorstellbar, dass sich eine Gewerkschaft mit dieser Aussicht abspeisen lassen würde. Geschweige denn die Ärzte.

Doch selbst Optimisten sollten nicht immer auf den besten Fall hoffen. Es kann auch passieren, dass sich die Rahmenbedingungen verschlechtern. Denn die Ergebnisse des Forschungsprojekts hängen von vielen Variablen ab, von den gesetzten Prämissen, und nicht zuletzt auch von den Autoren. Das Gutachten soll laut BMWi in Kürze ausgeschrieben werden.

Nicht länger als zwei Jahre würden solche Forschungsprojekte normalerweise dauern, lässt das BMWi verlauten. Heißt für gewöhnlich, mindestens zwei Jahre. Und man muss nicht mit komplexen Zahlen jonglieren, um auszurechnen, was dann auf der Zeitachse dazwischen liegt: die nächste Bundestagswahl.

Im Herbst 2017 könnte die aktuelle Regierung ihre Verantwortung los sein, zumindest werden aber Ministerposten wechseln. Für politische Forderungen der „Apothekerlobby“ sind das keine guten Zeiten – und am Anfang der Legislaturperiode wartet fast immer ein Spargesetz. Eine Umstellung der AMPreisV in dieser Phase könnte verheerende Folgen für die Apotheker haben. DAV-Chef Fritz Becker hat schon vor einem Budgetsystem nach dem Vorbild der Ärzte gewarnt. Die Kassen wollen genau das, und die Kassen haben wirklich eine starke Lobby.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hat die Verzögerungstaktik des BMWi schon beim Deutschen Apothekertag (DAT) zu Recht kritisiert. Und er droht, notfalls ein Gegengutachten erstellen zu lassen. Was bleibt ihm auch anderes übrig? Die ABDA wird ebenso plausibel begründete Daten vorlegen und ihre Forderungen stellen. Und natürlich wird die Politik den Apothekern wieder nicht glauben und die Zahlen zurückweisen. Vermutlich wird von der ABDA sogar erwartet, mit absichtlich zu hoch gegriffenen Zahlen an die Öffentlichkeit zu treten. Dann trifft man sich irgendwo in der Mitte.

Keine Tarifverhandlung zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern, keine Budgetplanung oder Honorarerhöhung im Gesundheitswesen waren jemals das Ergebnis streng wissenschaftlicher Analysen. Wirtschaftliche Notwendigkeiten und politischer Wille sind keine Konstanten, spielen aber immer mit rein. Offensichtlich gibt es derzeit keinen politischen Willen, den Apothekern mehr Geld zu geben. Die Apotheker haben diesen Willen aber auch nicht beschworen.

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