Vor der Niedersachsenwahl stand fest: Fliegt die FDP aus dem Landtag oder retten sich die Liberalen nur knapp über die 5-Prozent-Hürde, ist Parteichef Philipp Rösler weg. Doch trotz einem Spitzenergebnis von fast 10 Prozent hat Rösler seinen Rücktritt angeboten. Jetzt macht er doch weiter. Das Gerangel an der Spitze zeigt, in welchem Zustand sich die FDP befindet.
Normalerweise wird parteiintern nach einem Rekordergebnis nicht über den Vorsitzenden gestritten. Doch schon die Nachwahlbefragungen zeigten, dass vor allem CDU-Wähler die FDP in den Landtag gehievt hatten. Vor allem die Grünen ätzten über die inhaltsleere Luftballonpartei FDP.
Rösler musste einsehen, dass ihn die Leihstimmen nicht retten, zumal es für Schwarz-Gelb am Ende nicht gereicht hat und es im Bundesrat zu einer schmerzhaften Verschiebung kommen wird. Mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst könnte das gute Ergebnis den Liberalen sogar eher schaden: Diesen Fehler wird die CDU kein zweites Mal machen.
Deshalb wollte Rösler auf dem Chefsessel Platz für Rainer Brüderle machen. So hatten sich das viele Liberale in der Dauerkrise gewünscht. Der Fraktionschef hatte selbst erstmals kurz vor der Landtagswahl den Dolch im Gewand aufblitzen lassen, als er sich dafür aussprach, den Parteitag vorzuziehen. Die beiden haben sich jetzt darauf verständigt, dass Brüderle die Partei in den Bundestagswahlkampf führen soll.
Aber hilft das der FDP? Brüderle wurde vor nicht einmal zwei Jahren abgesägt, als die Liberalen unter seiner Führung in Rheinland-Pfalz aus dem Landtag geflogen waren. Im Mai 2011 musste er den Posten als Bundeswirtschaftsminister räumen, weil Rösler als neuer Parteichef nicht Bundesgesundheitsminister bleiben wollte. Brüderle wurde mit dem Fraktionsvorsitz vertröstet.
Und jetzt ist er der neue Hoffnungsträger der FDP? Vielleicht soll er aber auch nur das Ergebnis der Bundestagswahl im Herbst abfangen. Die FDP könnte sich mittelfristig mit Christian Lindner wieder einmal neu aufstellen.
Entmutigend an diesem Führungschaos ist aber vor allem der Blick auf die Bundesregierung: Rösler wird Wirtschaftsminister bleiben. Sein Vorgänger an der Parteispitze, Guido Westerwelle, ist ebenfalls noch immer Außenminister. Damit hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bald zwei Minister in ihrem Kabinett, denen die eigene Partei zwar nicht mehr die Führung, aber trotzdem die Leitung von Schlüsselressorts zutraut.
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