Kommentar

Die Apotheke rückt nach links

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Berlin -

Die Union war in den vergangenen Jahren die eindeutige Volks-Apotheken-Partei – mit Umfragewerten im Bereich der absoluten Mehrheit, bei den Inhaber:innen sogar deutlich darüber. Doch jetzt haben CDU/CSU mit ihrer Unzuverlässigkeit viel Kredit in der Offizin verspielt, kommentiert Alexander Müller.

Die Union liegt in der aktuellen aposcope-Umfrage unter Apotheker:innen und PTA zwar immer noch leicht vorn, doch die gigantischen Abstände zu den anderen Parteien sind fast komplett aufgezehrt. Die Apothekenteams sind insgesamt weiter nach links gerückt, wobei das nicht für Die Linke am äußeren Rand gilt. SPD und Grüne dürfen darauf hoffen, endlich wieder auch in den Apotheken nennenswert Stimmen zu sammeln. Woran liegt das?

Da ist zum einen der große Faktor Jens Spahn (CDU): Mit der Arbeit des Ministers sind die die Pharmazeut:innen alles andere als zufrieden. Das begann mit dem nicht eingelösten Versprechen des Rx-Versandverbots. Das hatte Spahns Vorgänger Hermann Gröhe (CDU) noch in den Koalitionsvertrag verhandelt, doch sein Nachfolger hat nie ernstes Bemühen erkennen lassen, es auch tatsächlich einzulösen. Spahn ist schnell zu einem Rx-Boni-Verbot umgeschwenkt – das er dann immerhin umgesetzt und in Brüssel erfolgreich verteidigt hat.

Aber das ist nicht alles: In der Corona-Pandemie hat sich die Regierung – und in der verantwortet die CDU die Gesundheitspolitik – als sprunghaft und unzuverlässig erwiesen. Immer wieder wurden die Apotheken kurzfristig und unabgestimmt für neue Aufgaben eingespannt, die sie unter großer Anstrengung auch meist schnell und gut umgesetzt haben. Genauso regelmäßig wurden sie dann aber von Spahn düpiert, in dem die Vergütung für diese Leistungen anschließend gekürzt wurde. Damit hat Spahn – auch im Namen seiner Partei – viel Vertrauen verspielt.

Der Union könnte es bei der Wahl in diesem Jahr ergehen wie der FDP 2013. Nach vier Jahren Regierungsbeteiligung wandten sich die Apothekenteams desillusioniert ab und sorgten mit dafür, dass die Liberalen in die außerparlamentarische Opposition geschickt wurden. Weil sich die FDP als einstige „Apothekerpartei“ davon kaum erholt, überkompensierte sie den Trennungsschmerz zwischenzeitlich sogar mit dem Ruf nach Apothekenketten. Das ist zwar leiser geworden, mit den neoliberalen Ansätzen unter Parteichef Christian Lindner können die eingetragenen Kaufleute in der Offizin aber immer noch wenig anfangen, wie die aktuellen Zahlen belegen.

Plötzlich sind also SPD und Grüne wieder im Spiel – sogar für Apothekenleiter:innen. Aufgrund ihrer erkennbar mangelnden Leidenschaft für das Fremd- und Mehrbesitzverbot waren beide Parteien lange ein rotes (beziehungsweise grünes) Tuch für Inhaber:innen. Doch die Einführung von Apothekenketten steht hier wie dort sicher nicht mehr oben auf der politischen Agenda. Hier ließe sich vielleicht verhandeln, zumal die Vertreter beider Parteien in den vergangenen Monaten die Leistungen der inhabergeführten Apotheken in der Pandemie durchaus anerkennend zur Kenntnis genommen haben.

Opfer dieser Verschiebung scheinen die Linken zu werden, die sich in der Vergangenheit zwar immer treuherzig gegen Ketten ausgesprochen haben, aber politisch an anderen Stellen vielleicht doch zu weit entfernt sind von den Interessen selbstständiger Unternehmer:innen. Und vor allem könnten die anderen Parteien in einer derzeit völlig offenen Koalitionsbildung eine entscheidendere Rolle spielen.

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