Geht es nach den Apothekern, dann ist die nächste Bundestagswahl schon klar entschieden. Die Union liegt bei den Pharmazeuten nicht nur klar in Front – sogar eine absolute Mehrheit von 53 Prozent bekennt sich zur Kanzlerpartei. Der steile Aufschwung ist vor allem Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zu verdanken, kommentiert Lothar Klein.
Der frühere CDU-Generalsekretär legt sich wie kein anderer Gesundheitsminister vor ihm für die Apotheker ins Zeug. In der Publikumspresse als „Apothekenminister“ angefeindet, fliegen ihm seit dem 19. Oktober die politischen Sympathien der Pharmazeuten zu. Das kann nicht weiter überraschen.
Schließlich kämpft Gröhe wie kein anderer Politiker mit seinem Gesetzentwurf Seite an Seite mit der ABDA für ein Rx-Versandverbot und gegen Rabatte auf Rezept. Das zahlt sich in seinen Sympathiewerten aus: Laut APOSCOPE-Umfrage finden plötzlich 54 Prozent der Apotheker Gröhes Arbeit gut oder sehr gut. Vor einem halben Jahr lag die Zustimmung noch deutlich niedriger: Nur 5 Prozent gaben ihm Bestnoten.
Die Umfrage-Ergebnisse belegen neben der aktuellen politischen Stimmung im Apothekenlager damit einen langjährigen Trend: Der Sympathie der Wähler wechselt so schnell wie die Themen. Langfristige politische Bindungen zählen weniger als aktuelle Entwicklungen. Momentaufnahmen wirbeln die Politik durcheinander.
Jetzt profitiert die Union vom Engagement ihres Gesundheitsministers, der aus Überzeugung gegen eine Rabattschlacht im Rx-Bereich kämpft. Von der SPD wenden sich die Apotheker ebenso konsequent ab: Einen Schulz-Effekt gibt es nicht. Wer sich so diffus und unentschlossen zu den Folgen des EuGH-Urteils einlässt, darf sich auch nicht wundern, wenn ein ganzer Berufsstand darüber seine politische Verzweiflung zum Ausdruck bringt.
Allerdings zeigt sich ein differenziertes Bild. Hier ist die SPD mit 28 Prozent die stärkste Kraft. Das wird auch, aber nicht nur mit Martin Schulz zu tun haben. Wahrscheinlich verfangen bei den PTA die Wahlversprechen, mehr für berufstätige Frauen tun zu wollen.
Abgeschrieben haben die Apotheker hingegen die Liberalen: Konsequent hat die FDP bei den Pharmazeuten seit Jahren ihren Ruf als Partei der Freien Berufe abgewirtschaftet. 2009 wollten noch 45 Prozent der Apotheker der FDP ihre Stimme geben. Zwei liberale Gesundheitsminister später ist die FDP unten durch. Was Philipp Rösler und Daniel Bahr noch nicht schafften, erledigte kürzlich Christian Lindner mit seinem „Naturschutz“-Interview. Wer wie der FDP-Chef die Aufgabe der Apotheker vor allem mit neoliberalen Maßstäben misst, darf sich nicht wundern, wenn der Berufsstand seiner Partei den Rücken kehrt. Nur noch 3 Prozent können sich aktuell vorstellen, die FDP zu wählen. Bye bye FDP, das war es bei den Apothekern.
Übrigens: Die Linke dient als Beispiel, dass es nicht ausreicht, den Apothekern nach dem Mund zu reden, um dann auch tatsächlich gewählt zu werden. Auf Apothekertagen erhalten Politiker der Linken zwar häufig den größten Beifall, auch in den Programmen der Linken finden sich viele ABDA-Forderungen. Aber das Kreuzchen auf dem Wahlzetteln erhält die Linke trotzdem nicht überproportional. Nur 5 Prozent der Apotheker liebäugeln mit der Linken.
Natürlich: Auch die APOSCOPE-Umfrage spiegelt nur ein Stimmungsbild wider. Das kann sich rasch wieder ändern. Was geschieht, wenn sich Gröhe mit seinem Rx-Versandverbot doch nicht durchsetzen kann? Die jetzigen Sympathien könnten in Enttäuschung umschlagen und Gröhe als durchsetzungsschwacher Minister im Regen stehen.
Wie unkalkulierbar das politische Geschäft geworden ist, hat gerade die Landtagswahl im Saarland bestätigt. Zu dem in Umfragen vorhergesagten Regierungswechsel hin zu Rot-Rot kam es nicht, stattdessen konnte CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer einen überraschend klaren Sieg erringen. Statt Schulz-Hype herrscht nun wieder Tristesse bei der SPD. Die Bäume wachsen auch für die Schulz-Sozialdemokratie nicht in den Himmel.
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