Das Problem war nicht Sven Winkler. Das Problem ist die ABDA. Denn wer sich dieser Tage mit der Spitzenorganisation der Apotheker einlässt, der läuft Gefahr, verbrannt zu werden. Winkler ist weg, bevor er antreten konnte. Offen zu Tage tritt die Führungslosigkeit in der Jägerstraße. Ein starkes Wort hätte genügt, um dem Mann einen guten Start oder geordneten Rückzug zu ermöglichen. Stattdessen inszeniert sich die ABDA im politischen Berlin mit einer Mischung aus Unprofessionalität und fehlendem Anstand als unberechenbare Chaos-Truppe.
Eine eigene Kommunikationsagentur und Gerüchte über einen Streit um Spesen reichten aus, um eine Karriere zu beenden, bevor sie begann. Denn beides sind für die ABDA nach deren Selbstverstümmelung per Sonderuntersuchung absolute K.o.-Kriterien.
Nicht Professionalität zählt, sondern das, was man im Mendelssohn-Palais für Unbeflecktheit hält. Dabei sollte der Weißton der Weste eigentlich egal sein – schließlich will man die Freiheitsgrade ohnehin per QMS auf Null reduzieren.
Nach der Erfahrung der vergangenen beiden Jahre hätte man sich einen professionellen Pressesprecher gewünscht. Die Messlatte der Nebensächlichkeiten liegt aber derart hoch, dass niemand sie mehr überspringen will oder kann – am wenigstens die ABDA-Truppe selbst: Eine schlichte Recherche hätte gereicht um zu erkennen, dass der Kandidat den aus einem falschen Verständnis von Compliance entstandenen Regeln nicht entspricht. Aber die sind vermutlich einfach noch nicht niedergeschrieben, genauso wenig wie das Handbuch für den Hauptgeschäftsführer.
Und so kommt es, dass die Apotheker einen Tiefschlag nach dem anderen einstecken müssen – und die ABDA mit ihrer Zauderei alles noch viel schlimmer macht. Den neuen (Ex-)Pressesprecher hat kein Kommentar in einem Forum verbrannt, sondern die fahrlässige Mut- und Tatenlosigkeit seines neuen Arbeitgebers.
Wer den Neuen alleine mit seinem Anwalt an die Front schickt und selber 72 Stunden braucht, um mit einer öffentlichen Verlautbarung nachzuziehen, der kann keinen Krieg gewinnen, noch nicht einmal Krisen bewältigen.
Es ist die Angst vor der eigenen Courage, die offenbar selbst einen Bühnenmann wie Friedemann Schmidt paralysiert: Jeder der ABDA-Verantwortlichen fürchtet, den Kopf für die Personalie hinhalten zu müssen, Partei für den Falschen zu ergreifen, nach den Kosten für das vorzeitige Ende gefragt zu werden oder einfach nur das Falsche zu sagen.
Ein Ende dieser Posse ist mangels Kommunikationstalent, Strategie und Verantwortungsbewusstsein nicht in Sicht. Was muss der Weltgeist gelacht haben, als er ausgerechnet jenen Präsidenten, der sich zu Höherem berufen fühlte, zum Saubermachen in die Kanalisation schickte. Und vermutlich lacht derzeit nicht nur der Weltgeist über die Apotheker.
APOTHEKE ADHOC Debatte