Bleibt die Importquote oder wird sie abgeschafft? Jörg Geller, Geschäftsführer von Kohlpharma, hatte über mehrere Telefonate mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Einfluss auf die Gestaltung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV). Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Wie genau der Chef des größten Reimporteurs eingewirkt hat, verrät die Bundesregierung nicht. Aber die Telefonate zwischen den beiden Saarländern fanden just zu der Zeit statt, als die Importklausel im Entwurf erst gestrichen und dann doch wieder eingeführt wurde.
In einer parlamentarischen Anfrage wollte die linke Bundestagsfraktion in Erfahrung bringen, welche externen Akteure Einfluss auf die Erarbeitung des GSAV hatten. „Die Mitglieder des Deutschen Bundestages wissen nach Einschätzung der Fragesteller wenig Konkretes über die Erkenntnisquellen des Entwurfs“, heißt es in der Anfrage unter Federführung von Innenpolitiker Jan Korte. Insbesondere will die Linke in Erfahrung bringen, ob externe Dritte Einfluss auf konkrete Regelungsvorschläge hatten.
„Der Deutsche Bundestag kann nach Auffassung der Fragesteller erwarten, dass die Bundesregierung von sich aus offenlegt, auf der Stellungnahme oder Forderung welches externen Dritten ein konkreter gesetzlicher Regelungsvorschlag gegebenenfalls beruht und ob eine Norm entgegen der ursprünglich vorgesehenen Fassung des Gesetzentwurfs nach der Verbändebeteiligung oder aufgrund anderweitig eingegangener Stellungnahme geändert worden ist“, heißt es da. Die Bundesregierung wiederum verweist pflichtgemäß auf ihren Anspruch, transparent zu sein, wiegelt aber auf weiten Strecken ab.
So wollte die Linke, dass die Bundesregierung auflistet, „welche Stellungnahmen oder sonstigen Schreiben mit Bezug zum Inhalt“ des Gesetzesentwurfs eingegangen sind. Antwort: Schauen Sie auf die Homepage des Bundesgesundheitsministeriums. Dort werden diese nämlich veröffentlicht. Auch auf die Frage, nach welchen Kriterien Umfang und Auswahl der Beteiligung von Zentral- und Gesamtverbänden getroffen wurde, hält sich die Regierung kurz: die betroffenen Verbände.
Besonders detailliertes Interesse herrschte augenscheinlich an der Genese des Gesetzentwurfs: So will die Fraktion wissen, welcher Regelungsvorschlag „(teil-)identisch, also (teilweise) wortgleich oder inhaltsgleich mit welchem konkreten Vorschlag welches externen Dritten“ ist, der sich innerhalb oder außerhalb der Verbändebefragung eingebracht hat. Hier lässt das Kabinett die Linke auflaufen: Es sei „üblich und Sinn und Zweck“ der Beteiligung von Verbänden, dass deren Erwägungen und Zielsetzungen in die eigenen Überlegungen zum Gesetzesvorhaben einfließen.
Die Regierung betont, das sei transparent, denn Referentenentwürfe, Stellungnahmen von Verbänden sowie die Gesetzentwürfe werden auf der Internetseite des BMG sukzessive veröffentlicht, und schließt mit einem Seitenhieb: „Die Bundesregierung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nicht Bestandteil der parlamentarischen Kontrollfunktion ist, frei verfügbare Informationen durch die Bundesregierung zusammenzutragen und anschaulich aufbereiten zu lassen.“
Ein wenig auskunftsfreudiger zeigt sich die Bundesregierung dann aber beim Thema dienstliche Kontakte – obwohl sie es nach eigenen Angaben nicht müsste. Welche vereinbarten Kontakte von Mitgliedern und/oder Vertretern der Bundesregierung und der Bundesministerien mit externen Dritten einen Einfluss auf den Gesetzesentwurf gehabt hätten, wird da gefragt. Dabei verweist die Linke explizit darauf, dass sie damit „alle nicht bloß zufälligen oder privaten Gespräche und Treffen bei Veranstaltungen, Sitzungen, Beratungen, Dienstreisen etc.“ meint.
Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Gespräche bestehe nicht, belehrt die Regierung daraufhin, „und eine solche umfassende Dokumentation wurde auch nicht durchgeführt“. Dennoch folgen Ausführungen auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener Unterlagen und Aufzeichnungen. Die fallen zwar dürftig, aber in einem Punkt brisant aus: So habe die Ressortabfrage zwei Kontakte ergeben. Der erste ist ein Treffen von Gesundheitsminister Jens Spahn mit Henning Fahrenkamp, Dr. Kai Joachimsen und Dr. Martin Zentgraf vom BPI am 10. Dezember 2018.
Der zweite Punkt sind mehrere Telefonate im Januar 2019 zwischen Altmaier und Geller. Um wie viele Telefonate es sich handelte, wie lange sie dauerten, wann genau sie stattfanden und worüber genau sich beide austauschten, ist aus der Aufstellung nicht ersichtlich. Die Angabe des Kontaktes dürfte zu Mutmaßungen über die Importförderklausel einladen, schließlich hatte die eine bewegte Geschichte im bisherigen Gesetzesenwurf.
Im ersten GSAV-Entwurf sollte der Passus noch angepasst werden, im Regierungsentwurf vom 11. Januar hieß es dann, er sei überholt und solle komplett gestrichen werden. Im überarbeiteten Entwurf, der am 22. Januar veröffentlicht wurde, tauchte plötzlich eine ganz neue Regelung auf, wonach eine neue, dreiteilige Importklausel eingeführt werden soll. Demnach solle für Originalpräparate bis zu einem Preis von 100 Euro weiterhin ein Mindestpreisabstand von 15 Prozent gelten. Für Arzneimittel zwischen 100 und 300 Euro gilt der Preisabstand von 15 Euro als Mindestgrenze. Für noch teurere Arzneimittel ab 300 Euro wird als neuer Mindestpreisabstand die Grenze von 5 Prozent eingeführt – rechnerisch beginnend also erneut bei 15 Euro. Entscheidend: Für extrem hochpreisige Arzneimittel gibt es keinen „Deckel“ mehr.
Was letztendlich aus der umstrittenen Importförderklausel wird, steht noch nicht abschließend fest. Der Bundesrat war der Empfehlung seines Gesundheitsausschusses gefolgt und hat für ihre Abschaffung gestimmt, einen Verbündeten hat er dabei in der ABDA, die in der aktuellen Version eine Mogelpackung sieht – darin werde nämlich lediglich die Definition des Begriffs „Preisgünstigkeit“ angepasst. Das BMG hält jedoch weiterhin an der jetzigen Regelung fest. Auch im Kassenlager sorgt die Frage für Unruhe: In der Anhörung zum GSAV hatte sich der stellvertretende Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johannes von Stackelberg, für eine Streichung ausgesprochen und damit Widerstand hervorgerufen – außer der AOK wollen alle Kassen die Klausel erhalten.
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