Importquote

Kohlpharma: Ärzte sollten über Rabattverträge nachdenken

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Berlin -

Kürzlich hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) gemeinsam mit der AOK Baden-Württemberg und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) die Abschaffung der Importquote gefordert. Wie schon bei anderen Gelegenheiten ruft das erneut Jörg Geller von Kohlpharma auf den Plan: In einem Brief an KV-Vorstand Dr. Norbert Metke stellt Geller im Gegenzug die von der AOK propagierten Rabattverträge infrage. Der Valsartan-Fall belege, dass Rabattverträge „mehr Kosten auslösen, als sie Gelder einsparen“.

„Wenn wir noch einmal über die uns allen wichtige Arzneimittelsicherheit sprechen, sollten wir auch über den Valsartan-Skandal reden“, so Geller an Metke. Nach Presseberichten müsse einer von 5000 behandelten Patienten mit Krebs als Folge der Verunreinigung des Wirkstoffs rechnen. Da 900.000 Patienten betroffen seien, wären das 180 Menschen. „Wie sehr alle Patienten nun verunsichert sind, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Patienten, die importiertes Valsartan eingenommen haben, sind übrigens nicht betroffen, da es sich um das Originalprodukt gehandelt hat“, so der Kohlpharma-Chef.

Als Kronzeugen bemüht Geller die Noweda. Wie man aus einem Beitrag einer Zeitschrift des „marktführenden Pharmagroßhändlers“ entnehmen könne, gingen solche Vorkommnisse und problematischen Lieferengpässe nicht zuletzt auf das Konto von Rabattverträgen, die AOK-Chef Dr. Christopher Hermann „sich auf die Fahne schreibt und feiert“. Vielleicht komme man am Beispiel des Valsartan-Skandals dahin, dass Rabattverträge vielfach mehr Kosten auslösten, als sie Gelder einsparten.

Geller: „Als Arzt sind Sie dem Wohle des Patienten verpflichtet. Ich habe Ihrem ausgewogenen Zitat entnommen, dass Sie diese Verpflichtung sehr ernst nehmen. Wir sollten daher über Rabattverträge und deren Sinn intensiv nachdenken. Günstige Originale aus dem europäischen Ausland waren und sind da ein sinnvoller Weg, Einsparungen zu realisieren.“

Nicht gelten lassen will Geller die Hinweise der Importquotengegner auf den Lunapharm-Skandal in Brandenburg. Dort habe Presseberichten zufolge ein „Kleinstunternehmen“ systematisch Arzneimittel mit zweifelhafter Provenienz in den Markt gebracht. „Das ist vollständig inakzeptabel, sicherlich aber kein Beleg dafür, dass der Arzneimittelimport generell ein Einfallstor für gefälschte oder gestohlene Ware ist“, so Geller. Vielmehr handele es sich im vorliegenden Fall ganz deutlich um das Versagen einer Landesbehörde, die scheinbar personell unterbesetzt und inkompetent gewesen sei.

Auch stelle das europäische Preisgefälle oder die vertraglich zwischen dem DAV und dem GKV-Spitzenverband vereinbarte Importquote von gerade einmal 5 Prozent keinen Anreiz dar, Ware zu fälschen oder zu stehlen. Tatsächlich fänden Diebstähle von Ware in allen Ländern Europas statt. Es sei noch nicht allzu lange her, dass ein Logistikzentrum in Deutschland beraubt und Arzneimittel sehr vieler Hersteller – auch von Importeuren – erbeutet worden seien. Der Anreiz, gerade hochpreisige Ware zu stehlen, liege in ihrem Preis und diese Präparate könnten nur in den Markt gebracht werden, „wenn es kriminelle oder in höchstem Maße leichtsinnige Großhändler oder Apotheken gibt, die diese Ware abnehmen“.

Das Geschäftsmodell der seriösen Importeure basiert auf der langjährigen Kenntnis der Lieferanten, sehr häufig auch in Deutschland tätiger multinationaler Großhändler – Gehe, Alliance Health oder Phoenix – die regelmäßig auditiert würden. Geller: „Deshalb kann ich für unser Haus sagen, dass wir in den 40 Jahren unserer Markttätigkeit und bei circa 7 Millionen jährlich vertriebener Packungen nie ein Problem mit gestohlener oder gefälschter Ware hatten.“

DAV, AOK-Baden-Württemberg und die Kassenärzte des Landes kritisierten, dass sich aus einem Instrument zur bescheidenen Ausgabensteuerung längst eine „planwirtschaftliche Subventionsgarantie“ für eine Handvoll Reimporteure entwickelt habe. Es existierten weitaus wirkungsvollere und intelligentere Instrumente zur Ausgabensteuerung. Um die Ineffizienz der Quote zu belegen, führte die AOK Zahlen aus Baden-Württemberg an.

So habe alleine die AOK in den Jahren 2016 und 2017 über den Reimport jeweils rund 7 Millionen Euro eingespart. Die Einsparungen durch die Arzneimittelrabattverträge – Hermanns „Baby“, wenn man so sagen darf – bewegten sich „in ganz anderen Dimensionen“: So hätten die Versicherten durch sie allein im vergangenen Jahr 227,5 Millionen Euro eingespart. Für das gesamte AOK-System seien es im gleichen Jahr 1,66 Milliarden Euro gewesen. Auf die ganze Bundesrepublik und alle Kassen gerechnet stünden laut Berechnungen des Deutschen Arzneiprüfungsinstitutes (DAPI) 120 Millionen Euro durch die Importquote rund 4 Milliarden durch Rabattverträge gegenüber.

Auf die Arzneimittelsicherheit hob Becker ab. Er forderte mehr Freiheiten für die Pharmazeuten. „Jeder Apotheker braucht ausreichend Spielraum, um sich bei Sicherheitsbedenken im Einzelfall gegen ein Importmedikament entscheiden zu können“, sagte Becker: „Die Importquotenpflicht im Sozialgesetzbuch lässt sich kurzfristig mithilfe des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) streichen.“ Metke pflichtete beiden bei und beteuerte, zu Gesprächen über andere Maßnahmen zur Ausgabensteuerung bereit zu sein. Die Ärzte begrüßten „die Maßnahme, die darauf hinwirkt, dass Patienten sichere Arzneimittel bekommen“, so Metke.

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