Köpping: Erst Klinik-, dann Ärzte-Reform Patrick Hollstein, 23.12.2023 10:22 Uhr
Die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) hält nach der Krankenhausreform weitere Schritte zu einer zukunftssicheren Gesundheitsversorgung für erforderlich. „Nach der Krankenhausreform muss es eine Gesundheitsreform geben, die sich um die ambulante Behandlung kümmert.“ Gewissen Ideen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (ebenfalls SPD) steht sie aufgeschlossen gegenüber.
„Menschen wollen kurze Wege haben, eine Arztpraxis vor Ort, um sich ambulant behandeln zu lassen“, so Köpping. „Wir brauchen verschiedene innovative Lösungsansätze um auch zukünftig eine gute ambulante Versorgung sicherstellen zu können.“
Die Rahmenbedingungen für die medizinische Versorgung würden sich zum Beispiel durch die demografische Entwicklung verändern. Junge Mediziner stellten heute zusätzlich andere Anforderungen an die Arbeitsbedingungen als früher. Nicht mehr alle wollten eine Praxis eröffnen. Etwa die Hälfte der jungen Ärztinnen und Ärzte strebe eine Teilzeitbeschäftigung an. Dafür seien die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) bereits heute eine gute Lösung.
„Wir erwarten, dass der Bund im Rahmen der Gesetzgebung nun auch den ambulanten Bereich in den Blick nimmt und die Rahmenbedingungen reformiert“, betonte Köpping. Es sei auch eine bessere Kooperation der Krankenhäuser untereinander und mit den ambulanten Leistungserbringern erforderlich. Der Bund müsse die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine sektorenübergreifende Versorgung schaffen.
Agnes mit Arztkoffer
Zusätzlich gelte es, Möglichkeiten der Digitalisierung wie etwa die Telemedizin auszubauen, sagte Köpping. „Es muss außerdem genau geprüft werden, ob die Ärzte zukünftig noch alle Leistungen zwingend selbst erbringen müssen oder diese delegieren können.“ So wie früher zu DDR-Zeiten die aus dem Fernsehen bekannte Gemeindeschwester Agnes könnten medizinische Fachkräfte mehrere Dörfer betreuen. „Sie haben einen kleinen Arztkoffer dabei und können bei Bedarf mit einem Facharzt über Laptop kommunizieren. Wir dürfen nicht immer sagen, dass alles schlimmer wird. Wir können viel mehr kompensieren.“
Bei der Krankenhausversorgung bestehe das Ziel darin, alle 76 Krankenhäuser in Sachsen zu erhalten, erklärte die Ministerin. „Sie werden aber nicht alle bleiben, wie sie sind. Es wird nicht mehr so sein, dass jedes Krankenhaus alles kann. Das hat ganz viel mit Qualität zu tun. Wir wollen für jeden Erkrankten die beste Qualität zur Verfügung stellen. Da gehört viel gute und teure Technik dazu, aber auch sehr gut qualifiziertes Personal. Beides kann man nicht in jedem Krankenhaus vorhalten.“
Die geplante Freigabe von Cannabis sieht Köpping kritisch. „Ich bin aus gesundheitspolitischer Sicht sehr skeptisch. Außerdem müssten wir einen Verwaltungsapparat schaffen, der die geplanten Anbauvereinigungen genehmigt und kontrolliert.“ Zudem soll man Cannabis in begrenzten Mengen auch selbst anbauen können: „Dass zu kontrollieren wäre ein wahnsinnig bürokratischer Aufwand.“