Koalitionsvertrag: AOK kritisiert Apothekenpläne Patrick Hollstein, 10.04.2025 12:39 Uhr
Die Kritik der Kassen ließ nicht lange auf sich warten: Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, ist empört über die geplanten Mehrausgaben – unter anderem für die Apotheken. Auch Ulrike Elsner vom Ersatzkassenverband vdek spart nicht mit Kritik.
Laut Elsner fehlen Maßnahmen zur Begrenzung der rasant steigenden Ausgaben. „Im Gegenteil: Wir erwarten durch die Ankündigungen eine weitere Verteuerung der Versorgung.“ So fehlten konkrete Ansätze gegen die stark steigenden Arzneimittelausgaben. Aus der Zeit gefallen seien auch der weitere Abbau der Prüfungen der Krankenhausrechnungen und der Verordnungen im ambulanten Bereich. „Wir brauchen jetzt dringend ein klares Bekenntnis zu mehr Ausgabendisziplin und Sofortmaßnahmen mit dem Ziel einer Anbindung der Ausgaben- an die Einnahmenentwicklung.“
Auf der Ausgabenseite würden einige wichtige Strukturreformen angekündigt, etwa die lange geplante Notfall- und Rettungsdienstreform, die jetzt unverzüglich umgesetzt werden müsse. „Dadurch wird die Versorgung besser und wirtschaftlicher. Positiv sehen wir auch die Pläne zur Patientensteuerung im ambulanten Bereich, die lange Wartezeiten verhindern und die Patientinnen und Patienten in die richtige Versorgungsebene steuern sollen.“
Ungebremst steigende Arzneimittelpreise
Ähnlich argumentiert Reimann: Das Problem der ungebremst steigenden Arzneimittelpreise spare die neue Koalition komplett aus. „Und in Richtung Apotheken sollen die Ausgabenschleusen sogar noch weiter geöffnet werden“, so die AOK-Chefin. „Das Thema Wirtschaftlichkeit der Versorgung scheint für die Koalitionäre kaum eine Rolle zu spielen – anders lassen sich die geplanten Einschränkungen bei den Regressprüfungen für Ärztinnen und Ärzte und bei den Rechnungsprüfungen für die Krankenhäuser kaum interpretieren.“
Die Befürchtung der AOK habe sich bestätigt: „Offenbar hat die zuständige Arbeitsgruppe den Hauptverhandlern eine fachpolitische Wunschliste übergeben, ohne dass die Prioritäten und die tatsächlichen Handlungsspielräume im Kontext der Gesamt-Agenda realistisch eingeschätzt worden sind“, so Reimann. „Es ist ernüchternd, dass von den ursprünglichen konkreten Vorschlägen zur Entlastung der Kranken- und Pflegeversicherung so gut wie nichts übrig geblieben ist.“
Ausgabendynamik stoppen
Ein Hoffnungsschimmer sei zumindest die klar formulierte Absicht, die strukturelle Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen und die seit Jahren steigende Ausgabendynamik zu stoppen. „Dieses Ziel begrüßen wir ausdrücklich, allerdings brauchen wir mehr Tempo und Konkretisierung.“
Eine der wenigen konkreten Zusagen sei, dass der bisher der GKV zugeschriebene Finanzierungsanteil am Krankenhaus-Transformationsfonds aus Mitteln des Sondervermögens Infrastruktur und somit aus Steuermitteln gespeist werden solle. „Insgesamt bleibt die zukünftige Koalition in den Bereichen Gesundheit und Pflege aber weit hinter den Erwartungen und den eigentlich notwendigen Reformschritten zurück. Statt Antworten auf die drängenden Finanzprobleme bei GKV und SPV zu geben, werden Kommissionen gegründet.“
Laut Reimann sind keine echten Entlastungen für die Beitragszahlenden erkennbar. „Konkrete Maßnahmen zur nachhaltigen Stabilisierung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sucht man vergeblich. Vor allem die Frage, wann der Bund endlich seiner Verantwortung für die Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Beziehenden und weiterer versicherungsfremder Leistungen angemessen nachkommt, bleibt weiterhin unbeantwortet. Im Gegensatz zu den letzten beiden Koalitionen scheint man dieses Thema nicht mehr auf der Agenda zu haben.“
Ihr Fazit daher: „Wir werden die Arbeit der schwarz-roten Koalition konstruktiv begleiten und wünschen den Beteiligten gerade angesichts der schwierigen internationalen Rahmenbedingungen viel Erfolg. Mit diesem gesundheits- und pflegepolitischen Fahrplan ist allerdings viel Klärungs- und Konkretisierungsbedarf verbunden.“