Nach dem Scheitern des Rx-Versandverbotes hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt jetzt erstmals Bereitschaft zu einem Kompromiss erkennen lassen. In einem Video-Statement zum Ergebnis des Koalitionsgipfels sagte Schmidt: „Wir werden uns einer Diskussion über eine Schadensbegrenzung nicht verschließen.“ Die ABDA werde aber keine „faulen Kompromisse“ in Richtung Preiswettbewerb akzeptieren. Seit dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober hatte die ABDA jede Alternative zum Rx-Versandverbot kategorisch abgelehnt.
Schmidt zeigte sich im Statement enttäuscht über den Ausgang des Koalitionsgipfels. „Das ist eine ganz schlechte Nachricht für Patienten und Apotheker“, sagte Schmidt. Die Koalition habe offenbar nicht mehr die Kraft, Sachthemen vom Tisch zu räumen und sich zu einigen: „Das ist für uns schade und es wird einigermaßen schwer sein, damit umzugehen.“ Neben Sachargumenten hätten bei der Entscheidung auch „Machtargumente“ eine Rolle gespielt und damit auch sachfremde Argumente, die mit dem eigentlichen Thema nichts zu tun hätten.
Vielleicht handele es auch um eine Kraftprobe der Koalitionspartner. „Was auch immer, ist mir auch egal, es bleibt dabei, das ist eine schlechte Entscheidung“, so Schmidt. Jetzt seien die politischen Parteien, vor allem die SPD, gefragt. Sie müssten sagen, wie sie Schaden von den deutschen Apotheken abwenden wollten. Schmidt: „Wir werden uns einer Diskussion über Schadensbegrenzung, wie auch immer diese aussieht, nicht verschließen.“
Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Michalk, bedauert Entwicklung: „Es ist bedauernswert, dass unser Koalitionspartner auf Bundesebene das Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln nicht mitträgt. Das Verbot wäre im Interesse aller Patienten und Patienteninnen, denn nur so können wir eine flächendeckende, wohnortnahe Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort sicherstellen. Die Union wird sich weiterhin dafür einsetzen.“
Durch gleiche Spielregeln für alle Apotheken, egal ob vor Ort oder als Versender aus dem Ausland, habe bisher in Deutschland eine gute funktionierende Arzneimittelversorgung vor Ort sichergestellt werden können. Michalk: „Ausländische Versandapotheken haben jetzt einen klaren Wettbewerbsvorteil. Dieser gefährdet auf Dauer den Erhalt der flächendeckenden Struktur inhabergeführter Apotheken – besonders im ländlichen Raum. Auf diese Apotheken vor Ort sind die Menschen aber angewiesen. Nur sie können helfen, wenn nachts oder am Wochenende Notfälle auftreten.“ Kompromissbereitschaft deutete Michalk aber nicht an. Es müssten gleiche Wettbewerbsbedingungen hergestellt werden, damit auch die Apotheken im ländlichen Raum eine faire Chance hätten. Dazu wolle die Union den Rx-Versandhandel verbieten.
Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Prävention und Gesundheitswirtschaft der Grünen, sagte: „Nachdem das Versandverbot nun vom Tisch ist, braucht es endlich einen Kompromissvorschlag, der die Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Apotheken aufhebt. Herr Gröhe selbst ist dafür verantwortlich, dass fünf Monate nach dem EuGH-Urteil der Apothekenmarkt weiter in Schieflage hängt. Wir fordern deswegen als ersten Schritt die sofortige Gleichbehandlung aller auf dem deutschen Markt aktiven Apotheken, aber mit einer Regulierung der Boni, die nur fairen Wettbewerb zulässt.“
Für die Linke erklärte deren gesundheitspolitische Sprecherin Kathrin Vogler: „Nachdem auch gestern beim Koalitionsausschuss keine Einigung auf ein Versandhandelsverbot erfolgt ist, besteht kaum mehr Hoffnung, dass noch vor der Bundestagswahl etwas passiert. Und ich verstehe auch nicht, warum Finanzminister Schäuble ausländischen Kapitalgesellschaften, die zumeist hinter den Versandhändlern stecken, in die Hände spielt – zu Lasten der flächendeckenden Präsenzapotheke auch im ländlichen Raum – und so Steuereinnahmen und Arbeitsplätze aufs Spiel setzt.“
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